Während in der Weihnachtszeit Bäume traditionell mit Christbaumschmuck behängt werden, schmücken die Klagenfurter Skater "ihren" Baum im Europapark das ganze Jahr über. Und zwar mit alten Schuhen. Doch warum? "Schuhe, die durch das Skaten schon mit Löchern durchsät sind, werden an den Schnürbändern zusammengebunden und auf den Baum geworfen", erzählt Skateboardfahrer Stefan Kuess (31). "Ein schräger Brauch einfach."

Doch nicht nur Skateboarder, auch Rollerblader, BMX-Fahrer und Scooterfahrer werfen ihre "verbrauchten" Schuhe auf diesen Baum, der neben dem Skatepark Europapark wächst. Jener Park, der im Sommer Treffpunkt der Szene ist. Und egal auf welchem Sportgerät sie fahren: in der Lindwurmstadt hält man zusammen. Denn im Gegensatz zu anderen Städten, in denen es sogar getrennte Öffnungszeiten für verschiedene Sportarten in den Skatehallen gibt, schwimmen die Klagenfurter Skater alle mit dem gleichen Strom. Für die rollende Community ist das Skaten nicht nur Sport - es ist eine Lebenseinstellung.

Statt mit Christbaumschmuck wird der Baum im Skatepark traditionell mit alten Schuhen geschmückt
Statt mit Christbaumschmuck wird der Baum im Skatepark traditionell mit alten Schuhen geschmückt © KK/Zotter

Neben einigen öffentlichen Plätzen die kurzerhand zu Skateparks umfunktioniert werden, stehen für die immer stärker wachsende Community in Klagenfurt auch noch der Skatepark in Feschnig und die ganzjährig geöffnete Trendsporthalle Megapoint zur Verfügung. In dieser Halle werden jährlich vier verschiedene Skate-Contests veranstaltet, um den Skatern die Möglichkeit zu bieten, ihre Fähigkeiten zu messen. Zuletzt bei der "Wörthersee Challenge".

Das wirklich auffallende dabei: Neben all dem sportlichen Ehrgeiz, gehts beim Skaten auch darum, die Konkurrenten zu unterstützen und zu motivieren. Man freut sich über gelungene Tricks und pusht sich gegenseitig zu persönlichen Höchstleistungen. Diesen Zusammenhalt der rollenden Szene zeigen auch zwei junge Männer in ihrem einstündigen Skatevideo "SAME" (Vorschau siehe Intro). Der gesponserte Skateboardfahrer Martin Weiß (20) und der Rollerblader Martin Leopold (24) haben gemeinsam Skater, BMX-Fahrer, Wakeboarder und Rollerblader über zwei Jahre mit der Kamera begleitet. Und nicht nur in Klagenfurt wurde gefilmt, wie Weiß erzählt: "Auch in Berlin, Amsterdam, München, Ljubljana haben wir uns die besten Plätze gesucht und gedreht." Ausschlaggebend für den Dreh des Videos war der Tod eines guten Freundes der Szene, dem Österreichischen Wakeboard-Staatsmeister Thomas Wartberger. "Mit diesem Video wollen wir an ihn erinnern und ihm Tribut zollen", sagt Leopold, dessen Bruder die Idee für den Namen des Hobbyprojekts lieferte: "Egal mit welchem Sportgerät - wir fahren alle auf der gleichen - im Englischen: same - Rampe."

Im Januar wird das Video immer Sonntags nach und nach auf dem Youtube-Channel des Produzenten Martin Weiß veröffentlicht.

Skateboardfahrer Stefan Kuess (31) zeigt in dem Video sowohl seine Tricks, als auch die schmerzhafte Seite des Skatens. Auf einer fünf Meter langen Betonrampe kam er zu sturz, brach sich dabei den Ellenbogen, prellte sich die Schulter und schürfte sich an etlichen Stellen auf. "Auch Schmerz gehört dazu, denn Skaten ist mehr als nur ein Sport - es ist ein Lebensgefühl und ein Ausbrechen aus dem stressigen Alltag." Schon seit 20 Jahren steht der Bäcker am Board und auch er schmückte schon mit einigen seiner alten Sneaker den Schuhbaum.

Stefan Kuess kann jede Stiege zur Rampe umfunktionieren
Stefan Kuess kann jede Stiege zur Rampe umfunktionieren © KK/Zotter

Schmerzhafte Stürze wie jene von Kuess werden von den Sportlern, die selten Schützkleidung tragen, in Kauf genommen. An Stelle der Schützer dürfen natürlich die lässige Kleidung und Baseball-Kappen bei den Skatern nicht fehlen. Gekauft werden diese Klamotten unter anderem im Klagenfurter Skate-Shops wie Moreboards oder im Rollin-Outlet. Typisch in der Szene ist auch der Handschlag, der mit einem Händeschütteln beginnt und mit dem zusammentreffen der Fäuste endet. Was die Community besonders auszeichnet ist das "learning by doing". Beim Skaten gibt es keinen Trainer, der einem zeigt wie die Tricks funktionieren. Hier wird durch zuschauen und ausprobieren gelernt - und das nicht nur bei den Herren. Denn wer glaubt Skaten sei ein reiner Männersport, liegt falsch!

Für Julia Wachter ist der Sprung auf dem Skateboard kein Problem
Für Julia Wachter ist der Sprung auf dem Skateboard kein Problem © KK/Zotter

Immer mehr Frauen sind begeisterte Skaterinnen. Zum ersten Mal gab es beim heurigen Skatecontest eine eigene Kategorie für Frauen. "Wo andere Mädels joggen gehen, steige ich lieber aufs Board", sagt die Skateboardfahrerin Julia Wachter (25), die seit ihrem 15. Lebensjahr am Brett steht. Sie freut sich, dass immer mehr Mädels auf das Skateboard steigen. Und das kann sie auch gut nachvollziehen: "Für mich zeichnet sich die Szene durch die Freude am Sport und den Zusammenhalt der Freunde aus. Jeder der mit dem Skaten angefangen hat, möchte gar nicht mehr aufhören." Was sie den Anfängern aus eigerner Erfahrung raten kann: "Jeder einzelne gestandene Trick ist ein Erfolg. Nicht aufzugeben ist das Ziel." Am liebsten fährt die Klagenfurterin in der Trendsporthalle Megapoint.

Die Sportler suchen sich ihre eigenen Skateparks
Die Sportler suchen sich ihre eigenen Skateparks © KK/Zotter

Nicht nur in der Halle wird gerollt, vor allem im Sommer schwärmen die Skater aus und suchen sich neben den Skateparks ihre eigenen Plätze zum fahren. "Es gibt kaum Orte, die von den kreativen Sportlern nicht zum Skatepark umfunktioniert werden können", weiß Rollerblader Leopold aus eigener Erfahrung. Wichtig bei diesen sogenannten "Spots", sind Kanten, Stangen oder Wellen. Diese bieten den Skatern die ideale Möglichkeit, ihre Tricks auf den abwechslungsreichen Rampen zu üben und dadurch ihre Fähigkeiten zu verbessen. Neben der Alpen Adria Universität bieten Plätze wie zum Beispiel das Hypo/Heta-Gelände oder Parkplätze von Supermärkten eine gute Möglichkeit zum Skaten. Da die Sportler nicht beabsichtigen, die verschiedenen Geländer zu demolieren, werden sie meist von den Eigentümern geduldet. "Es passiert natürlich auch manchmal, dass wir schnell unsere Sachen packen und davonrollen müssen", sagt Skateboardfahrer Kuess.

Von den Skatern wird das Kunstwerk kurzerhand zur Rampe umfunktioniert
Von den Skatern wird das Kunstwerk kurzerhand zur Rampe umfunktioniert © KK/Zotter

Während die Skater sich im Sommer auf dem Skateboard oder dem BMX-Bike austoben, steigen sie - neben der Ausweichmöglichkeit in die Halle - im Winter auf das Snowboard oder Trick-Ski um. Unter anderem wird an einem verschneiten Tag in Klagenfurt auch schnell einmal die Halfpipe zur Snowpipe umfunktioniert. Aber natürlich wird im Winter vorwiegend in einem der vielen Kärntner Skigebiete gefahren.

Ähnlich dem Snowboard ist auch das Longboard aktuell ein beliebtes Sportgerät für Jung und Alt. Dieses Board, das im Vergleich zum Skateboard etwas länger ist, größere Rollen besitzt und wendiger ist, wird vorwiegend für längere Strecken genutzt. Für Tricks ist dieses Sportgerät eher ungeeignet. Besonders bei der jüngeren Generation boomt sowohl das Longboard, als auch der Scooter. Und auch die Jüngsten finden mit dem Scooter neben den erfahrenen Skatern ihren Platz im Skatepark: "Beim Skaten wird niemand ausgeschlossen. Wir verfolgen alle das Ziel: Mit dem Sport unseren Ausgleich zu finden", sagt Rollerblader Leopold.

Diejenigen, die sich nun selbst vom einzigartigen Gefühl auf den Rollen überzeugen wollen, müssen sich keine Sorgen um eine teure Ausrüstung machen. Skateboards oder Rollerblades sind schon ab rund 30 Euro in verschiedenen Klagenfurter Sportgeschäften erhältlich. Im Sommer können Scooter, Skateboard und co. auch direkt im Skatepark im Europapark ausgeborgt werden. "Mit etwas Talent schafft man den Ollie (Sprung) am Skateboard schon nach einer Woche", verspricht Kuess.

Und mit der Szene wird auch der Schuhbaum weiter wachsen.

In der Gemeinschaft der Skater ist jeder willkommen
In der Gemeinschaft der Skater ist jeder willkommen © KK/Zotter