"Das Funktionieren der Justiz steht am Spiel.“ Die geplanten Budgetkürzungen der Bundesregierung und die daraus resultierenden Folgen für die Rechtsprechung treiben Österreichs Richter auf die Barrikaden. Oder korrekter: in den Gerichtssaal.

Um auf die aus ihrer Sicht dramatischen Entwicklungen aufmerksam zu machen, stürmten mehr als 100 Richter und Staatsanwälte aus ganz Österreich am Mittwoch den Schwurgerichtssaal im Landesgericht (LG) Klagenfurt. In einer „Informationsveranstaltung“ machten die Justizvertreter auf ihre Probleme aufmerksam. Ein dort zeitgleich stattfindender Mordprozess wurde für die Dauer der Protestaktion unterbrochen.

Um zehn Prozent weniger Richter

Das LG Klagenfurt wurde nicht zufällig als Ort für den ungewöhnlichen Auftritt ausgewählt. Dieses Landesgericht wäre besonders stark betroffen, wenn es bei den geplanten Kürzungen bleibt, sagte Sabine Matejka, Präsidentin der österreichischen Richtervereinigung. 45 Richter gibt es am Landesgericht – noch. Vier von ihnen gehen heuer in Pension. Ihre Nicht-Nachbesetzung bedeute eine Personal-Kürzung von zehn Prozent. Und das bei laufenden oder anstehenden, äußerst aufwendigen Großverfahren, wie Hypo-Pleite und HCB-Skandal. Hier müssen Straf- und Zivilprozesse abgewickelt werden. „Der Gerichtsbetrieb und die Rechtssprechung wären mit den vorgesehenen Einsparungen kaum noch aufrechtzuerhalten“, sagte Matejka.

Die Sparfolgen beträfen nicht nur das LG Klagenfurt, sondern alle Gerichte in Österreich und nicht nur Richter, sondern auch Vertragsbedienstete. Bundesweit sollen heuer 80 Jobs eingespart werden, nächstes Jahr wären es 90. Die Grenze der Belastbarkeit sei längst erreicht, sagt Christian Haider, Chef der Richter-Gewerkschaft.

Justiz erwirtschaftet Gewinn

Die Sparpläne für die Justiz verwundern auch, weil die österreichische Justiz ein profitables Unternehmen ist. Sie erwirtschaftet mehr, als sie kostet. Die Kostendeckung beträgt 111 Prozent. Zum Vergleich: Das diesbezüglich zweiterfolgreichste Justizwesen in Europa ist jenes in Malta, mit 48 Prozent Kostendeckung. Hauptgrund sind unter anderen die Gerichtsgebühren: rund 1,05 Milliarden Euro flossen, laut Beantwortung einer parlamentarischen Fragen, 2017 in die Staatskasse.