Der letzte Sommer war sehr ... heiß. Ja, die Erinnerung
täuscht nicht: Laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) lag im Sommer 2015 die Durchschnittstemperatur österreichweit um 2,4 Grad Celsius über dem klimatologischen Mittelwert der letzten 30 Jahre. Und: Die Wahrscheinlichkeit, dass uns auch 2016 große Hitze und Trockenheit heimsuchen werden, liegt laut ZAMG bei rund 55 Prozent. In unseren Breiten sind diese klimatischen Bedingungen eine harte Prüfung für Flora und Fauna und auch für den Menschen und seine Behausungen. Denn so wie im Winter vor Kälte und Frost, so sollen sie uns im Sommer verlässlich vor (großer) Hitze schützen.

Masse schützt vor Hitze nicht

Doch sind die bei uns üblichen Bauweisen dazu noch in der Lage? Müssen die geltenden Bauregeln und Planungsstandards an die steigenden Sommertemperaturen angepasst werden? Diesen Fragen sind 2015 die TU Graz und die Österreichische Energieagentur im Rahmen einer Studie auf den Grund gegangen: „RIOPT Holzbau – risikooptimierte Gebäudeentwicklung im Holzbau aufgrund des Klimawandels“.

Dabei wurden diverse Klimaszenarien entworfen, klimatische und bauliche Parameter festgelegt sowie Wien-Umgebung als Referenzstandort für die Computersimulationen gewählt. Als bauliche Parameter sind eingeflossen: Die Bauweise – Holz- Leichtbau sowie Massivbau mit Holz, Ziegel und Beton. Das Nutzungsverhalten – Wohnhaus oder Büro. Dazu kamen Kühlstrategien, die Gebäudeausrichtung, gängige Grundrisse, Raumkonfigurationen und -größen sowie übliche Fensterflächen. Nicht berücksichtigt wurde die Nutzung mechanischer Kühlungen (Klimaanlagen), da laut den Richtlinien des Öst. Instituts für Bautechnik Häuser auch ohne solche sommertauglich sein müssen.

Aus Abermillionen Daten wurde ein recht überraschendes Ergebnis herausgefiltert. Einfach gesagt: Masse schützt vor Hitzebelastung nur wenig. Und: Unterschiedliche Bauweisen haben einen spürbar geringeren Effekt auf Raumtemperaturen als man vermutet. Das heißt: Gebäude in massiver Bauweise haben zwar tagsüber das 27-Grad-Raumtemperatur-Kriterium der Studie seltener überschritten. Sie reagieren aber wesentlich träger auf Temperaturschwankungen. Was sich vor allem in höheren Nachttemperaturen widerspiegelt, die auch schwer durch Nachtlüftung zu senken sind. Gebäude in Leichtbauweise
erwärmen sich rascher, reagieren aber wesentlich besser auf nächtliche oder wetterbedingte Abkühlungen. In der Simulation ließ sich eine Sommertauglichkeit auch über einen intensiven Luftwechsel erreichen. Doch das ist wohl reine Theorie: Denn wer will schon im Sommer tagein und tagaus seine Fenster offen lassen? Sicherheit, Privatsphäre, Lärm etc. sprechen klar dagegen.

Mitgeplanter Sonnenschutz

Allein mit der Bauweise von Gebäuden wird man der Herausforderung Klimaerwärmung hierzulande also nur schwer begegnen können. Die Sonnenschutzplanung wird/muss wohl ein integraler Bestandteil der Hausplanung werden. Dazu zählen die Ausrichtung des Gebäudes, die Raumplanung, die Auswahl der Baustoffe – und nicht zuletzt die Frage: (zusätzliche) Klimageräte oder gesteuerte Außenbeschattung? Befürworter der elektrischen Lösung führen vor allem den geringeren Anschaffungspreis ins Treffen. Ein Argument, das Johann Gerstmann, Sprecher des Bundesverbandes
Sonnenschutztechnik, so nicht gelten lässt: „Bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus liegen die Investitionskosten für einen Sonnenschutz bei rund 1,5 bis 2,5 Prozent der Gesamtkosten. Bei einer nur 20-jährigen Lebensdauer sind dies rund 30 Euro pro Monat – und damit aus meiner Sicht meist weit weniger als die von Klimageräten verursachten Betriebskosten.“

Was sind aber nun die effektivsten Maßnahmen gegen
eine sommerliche Wohngebäude-Überhitzung? Laut der Studie ergeben sich die niedrigsten Wohnraumtemperaturen – unabhängig von der Gebäudebauweise – durch einen tagsüber automatisch gesteuerten Sonnenschutz und ein kühlwirksames Nachtlüften.

Für Büros kommt sie zu einem ähnlichen Ergebnis wie für Wohnungen. Effiziente Beschattung und intelligente Nachtlüftung können – bezogen auf das Referenzgebäude
der Simulation – den Kühlenergiebedarf um 25 bis
30 Prozent reduzieren.