Dämmen mit Schafwolle: Was wie eine ungewöhnliche Idee klingt, bringt beim Hausbau eine Reihe von Vorteilen. Welche, erklärt der Osttiroler Schafschurwoll-Verarbeiter Josef Schett: "Wolle kann bis zu einem Drittel ihres Eigengewichtes an Feuchtigkeit aufnehmen und auch wieder abgeben. Außerdem neutralisiert sie Luftschadstoffe wie Formaldehyd in der Raumluft und Feinstaub. Für das Raumklima ist das ideal." Dass Wolle ein nachhaltiger und nachwachsender Rohstoff ist, ergab sich als weiterer, positiver Nebeneffekt.

Auf die Idee, Schafwolle als Dämmstoff zu verwenden, kam er, als er auf seinem Bauernhof, den die Familie seit vielen Generationen betreibt, Mitte der Achtzigerjahre die Schafhaltung ausbaute. Das genügsame und robuste tiroler Bergschaf, das zu dieser Zeit schon in Vergessenheit zu geraten drohte, lieferte von da an Lammfleisch, Schafkäse und Joghurt.

Wolle aus dem alpinen Raum

© Michaela Ruggenthaler

Die Wolle war anfangs nur ein Nebenprodukt. Jedoch eines, das sich als besonders vielseitig und innovativ herausstellte. Anfangs entstanden aus ihr Matratzen und Bettwaren. Und ein eigenes Schlafsystem, das Original Villgrater Naturbett. Seit den Neunzigerjahren entwickelte Schett in seiner Firma "Villgrater Natur" eine Reihe weiterer Produkte. In Form von Dämmbahnen, Flockenwolle, Dämmfilzstreifen und als Geh- und Trittschalldämmung steht das "natürliche High-Tech-Produkt", wie es auf der Internetseite des Unternehmens bezeichnet wird, all jenen zur Verfügung, die beim Bauen oder beim Renovieren auf Nachhaltigkeit setzen. Der Trittschallfilz erhielt übrigens gleich zu Beginn das Baubiologie- und Ökogütesiegel.

200 Schafe hält Josef Schett selber. "Es ist einfach ein schöner Ausgleich, im Sommer auf die Alm zu gehen." Für die Produktion der Woolin-Dämmstoffe im Osttiroler Innervillgraten werden jährlich ungefähr 150 Tonnen Rohwolle verarbeitet. Das ist die Wolle von achzig- bis neunzigtausend Schafen. Geschert werden die Tiere zwei Mal pro Jahr – zu festgesetzten Zeiten, damit die Fasern immer in etwa dieselbe Länge haben. Die Rohwolle kommt ausschließlich aus dem alpinen Raum – vom eigenen Betrieb natürlich, aber auch von Schafbauern aus Österreich, Bayern, aus der Schweiz und aus Südtirol. Die Zulieferer sind nachhaltige Landwirtschaften und Kleinbauern, die so eine Chance bekommen, sich ihre Existenz zu sichern.

Und die Motten?

Wer mit Schafwolle dämmt, bekommt nach rund zehn Jahren ein Mottenproblem – so lautet ein oft gehörtes Vorurteil. Doch auch hier winkt Josef Schett ab. "Das Ungeziefer kommt, wenn die Wolle mit Boraten behandelt wurde. Diese sind als Imprägnierung aber umstritten. Wir haben das nie verwendet." Bei Woolin hat man zuerst mit Kalkmehl experimentiert. Nachhaltig und ökologisch sollte der Baustoff schließlich sein, den man herstellt. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Prüfinstituten kam man schließlich auf die Idee, Enzyme auf die feuchte Wolle aufzusprühen, die sich so mit den Wollfasern verbinden. Diese schützen den Dämmstoff vor Ungeziefer wie Motten und Teppichkäfern. Und das für immer.

Brandschutz benötigt Wolle im Übrigen keinen speziellen "Wolle beginnt bei 560°C zu glosen. Sobald die Wärmequelle entfernt wird, erlischt sie aber sofort", erklärt Josef Schett. Preislich sei eine Wolldämmung mit einer Dämmung mittels Holzweichfaserplatten vergleichbar. "Allerdings ist der Dämmwert höher."

Und welche Nachteile hat Wolle als Dämmstoff? Darauf hat Josef Schett nur eine knappe, aber umso deutlichere Antwort: "Keine", sagt er, und lacht.