Erst ab einem Treffen am 7. oder 8. Dezember 2009 sei klar geworden, dass die BayernLB als damalige Eigentümerin aus der Hypo Alpe Adria aussteigen wollte, sagte Ex-Finanzminister Josef Pröll am Mittwoch im Hypo-U-Ausschuss. Noch da habe es aber eine Einladung zur Bayern-LB-Hauptversammlung mit dem Thema Kapitalerhöhung gegeben, erinnerte er.

Auch im August 2009 habe es noch ein Treffen mit den Bayern gegeben, wo ein Ausstieg kein Thema gewesen sei. Er sei "persönlich überrascht worden" vom Ausstieg der Bayern, weil er bis dahin von den Eigentümern kein klares Signal gehabt habe, dass man sich zurückziehen wolle. Auch wäre die damals bekannte Kapitallücke von zwei Mrd. Euro "stemmbar" gewesen, "bei einem Commitment des Eigentümers". Und die Bank sei ja auch regelmäßig von den Aufsichtsbehörden "begleitet" worden, erinnerte Pröll.

Pröll war offen für Bad Bank

Pröll übernimmt ausdrücklich die politische Verantwortung für die Entscheidung, die Hypo zu verstaatlichen, nicht aber für den Verstaatlichungsvertrag im Einzelnen. Diesen habe der Finanzministeriums-Spitzenbeamte Alfred Lejsek ausgehandelt, der auch ermächtigt gewesen sei, den Vertrag "entlang der politischen Linien" zu unterzeichen.

Pröll selber sagte, er sei völlig offen gewesen, ob die Bank weitergeführt wird oder ein Bad Bank geschaffen wurde. Er habe aber in seiner Amtszeit nie einen konkreten Vorschlag für eine Bad Bank am Tisch gehabt. Die FPÖ-Abgeordneten Axel Kassegger und Erwin Angerer legten ihm ein Schreiben seines Kabinettsmitarbeiters Michael Höllerer an Hypo-Aufsichtsrat Johannes Ditz vor, wonach Höllerer ein Bad-Bank-Modell einforderte. Nachträglich stellte sich aber heraus, dass das Mail erst im September 2011 geschrieben wurde, als Pröll nicht mehr Finanzminister war.

CSI Hypo

Pröll hat die Gruppe zur Aufarbeitung der Vergangenheit der Hypo Alpe Adria (CSI Hypo) eingesetzt, um zu erfahren "was im Inneren der Hypo passiert ist". Er habe zwar die Organe unter Führung des Chefs der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, eingesetzt, diesen aber nicht vorgeschrieben, mit welchen Maßnahmen und Strukturen sie ihre Arbeit machen.

Mit der CSI Hypo habe er die Vergangenheit aufarbeiten, die Ursachen für den Vermögensverfall herausfinden und die Bank für eine Restrukturierung vorbereiten wollen, sagte er. Die CSI Hypo wurde im Februar 2010 eingesetzt.

Pröll verteidigt Beamte

Sehr verschiedene Sichten auf den Hypo-Skandal haben sich im Hypo-U-Ausschuss ob eines Sitzungsprotokolls von November 2010 gezeigt. Zusammen saßen Bankmanager und BMF- sowie BKA-Beamte. Hypo-U-Ausschusszeuge Josef Pröll, damals ÖVP-Finanzminister, sah bei den Beamten die richtigen Handlungen. NEOS-Politiker Rainer Hable sagte, der Bund habe nichts getan, obwohl die Bank zu schließen gewesen wäre.

Pröll sagte, er sei damals nicht über das fünfstündige Treffen informiert worden. Nach Durchsicht des achtseitigen Protokolls betonte er, dass die Spitzenbeamten vollkommen nach Punkt und Beistrich richtig gehandelt haben. Es werde aufgezeigt, dass die Probleme der Hypo lösbar seien, so der frühere Spitzenpolitiker. Er warf Hable ein selektives Vortragen aus den Unterlagen vor. Die Beamten hätten die Botschaften der Bankvorstände verstanden und gesagt, "da muss man weiter nacharbeiten. Und ich gehe davon aus, dass da weitergearbeitet wurde". Pröll las aus dem Protokoll auch heraus, dass der damalige Bankchef Gottwald Kranebitter meinte, Problemlösungen seien erreichbar - während Hable sogar eine damalige Anzeigepflicht ortete.

Bei der Sitzung am 30. November 2010 waren fünf Leute vom Finanzministerium dabei, darunter der zweite heutige Zeuge im U-Ausschuss und damalige Kabinettschef von Pröll, Michael Höllerer. Vom Bundeskanzleramt waren drei Vertreter da. Auch der Präsident der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn war genau so anwesend wie drei Vorstände der Hypo inklusive Vorstandschef Kranebitter und der damaligen PR-Frau der Hypo.

Politik nicht im Dunklen

Hable sah ein Spitzentreffen, Pröll "eine Besprechung, kein Krisentreffen". "Auch wird gesagt, wir arbeiten das auf", sagte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer Richtung Hable. Krainer wies auch darauf hin, dass man anhand der Akten 94 Meetings ähnlicher Art gezählt habe. Hable wiederum meinte, "ohne das Bankmanagement verteidigen zu wollen", dass dieses die Politik aus seiner Sicht nicht im Dunkeln gelassen habe, wie dies von mancher Seite dargestellt wird.

Kranebitter referierte unter anderem darüber, dass die faulen Kredite in der Hypo zur Jahresmitte 2010 bei 9,6 Mrd. Euro lagen - rund 30 Prozent der Bilanzsumme, wie Hable sagte. Krainer entgegnete, dafür seien bereits 8 Mrd. Euro an Risikovorsorgen vorhanden gewesen. Man sei nicht erst in den 10 Monaten der Verstaatlichung zu diesem Zeitpunkt draufgekommen, so der Sozialdemokrat.

Keine Konsequenzen

Der NEOS-Politiker wollte vom früheren Finanzminister wissen, wieso es hier keine Konsequenzen gab. "Da gibt es Organe, die die Verantwortung zu erledigen haben", sagte Pröll. Er verwies auf eine Auflistung des Hypo-Vorstandes in dieser Besprechung darüber, wo der Vorstand die Herausforderungen sehe. Es werde nirgendwo berichtet, dass der Eigentümer (also die Republik) einschreiten solle, so Pröll. Es handle sich um eine Diskussion darüber "was auf technischer Ebene zu tun ist". Auch werde aufgezeigt, dass die Probleme lösbar seien.

Das Protokoll zeigt auch, dass die Beamten Nachfragen tätigten. Höllerer fragte etwa, was denn den Eigentümer die Hoffnung gebe, an den Fortbestand der Hypo zu glauben. Später stellte er fest, dass der Bund verstanden habe, dass bis Ende 2010 keine Mittel notwendig seien. Kranebitter wendete darauf ein, dass "ein Teil des Portfolios als nicht beherrschbar bezeichnet werden muss". Die diesbezügliche Wertentwicklung sei "auch vom Management nicht beeinflussbar". Rund 5,5 Mrd. Euro an Problemkrediten könne "nicht saniert" werden.

Hable meinte, Risikovorstand Wolfgang Edelmüller habe gesagt, dass die Wertberichtigungen ab dem Jahr 2005 nicht ordentlich gebildet worden seien. "Das ganze Zahlenwerk war falsch", so der Oppositionspolitiker. Ein BKA-Beamter will auch wissen, ob die Bank alles tut, um keine Mittel mehr des Bundes zu brauchen oder wann man das gesamte Risiko kenne.

Pröll erinnerte, dass die Haftungen beim Hypo-Verkauf an die Bayern bei Kärnten geblieben waren. Immer noch gibt es derzeit ja an die elf Milliarden Landeshaftungen für Heta-Schulden. Pröll sagte mit Verweis auf rechtliche Expertisen in Richtung Team-Stronach-Mann Robert Lugar auch, dass auch bei einer Einsetzung einer Geschäftsaufsicht (und einem Konkurs) die Landeshaftungen schlagend geworden wären. Der "Super-GAU" sei in Kärnten passiert, so Pröll.

Pröll meinte, dass wenn er die Hypo hätte pleitegehen lassen, und die Warnungen der Finanzprokurator ignoriert, dann säße er heute wo anders. "Bis zur strafrechtlichen Verfolgung" würde man ihm dies heute vorhalten - nämlich dass die Haftungen schlagend und das Ganze noch viel teurer geworden wäre.

Begrenzung der Haftungen

Als wichtigste Themen und Lehren aus dem Hypo-Desaster bezeichnete Pröll die Begrenzung der Haftungen der Gebietskörperschaften im Vergleich zu ihrer wirtschaftlicher Tragfähigkeit als Nonplusultra. Zweitens gehe es auch darum, auf welche Märkte man als Gebietskörperschaft mit dahinterliegenden Haftungen - wie Kärnten für die Hypo - gehe.

Für Verwunderung und Kopfschütteln unter anderen Abgeordneten sorgte der freiheitliche Angerer, als er sagte, bisher sei kein Schaden aus den Kärntner Landeshaftungen entstanden. "Gratuliere", sagte Pröll darauf verwundert.

Seine Strategie sei es gewesen, dass die Bankchefs einen Restrukturierungsplan vorlegen, diesen auf Validität zu prüfen. Gegangen sei es weiters um Umstrukturierungen und Schwerpunktsetzungen auf einzelne Länder. 2010 gab es Pröll zufolge sinngemäß keine Möglichkeit für eine Bad Bank. Eine solche habe er weder ausgeschlossen noch gefordert - ihr aber auch keine Priorität beigemessen. Ein konkretes Modell sei ihm nie vorgelegt worden, so Pröll.

Gegen Ende der Verhandlungen über die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria hatte die Republik Österreich auch auf Gewährleistungsansprüche verzichtet. Pröll, politisch verantwortlich, hatte in seiner ersten Befragung im Hypo-U-Ausschuss im Dezember 2015 gesagt, dem habe er auf Anraten von Wolfgang Peschorn, dem Chef der Finanzprokuratur, zugestimmt. Heute präzisierte Pröll - in Übereinstimmung mit Aussagen Peschorns - dass dieser den Verzicht für vertretbar eingestuft habe und dies die Basis für die Entscheidung gewesen sei, im Gesamtpaket auf die Gewährleistung zu verzichten. Eine ausdrücklich Empfehlung Peschorns habe es nicht gegeben.