Am Donnerstag erfolgt der Höhepunkt des Hypo-Untersuchungsausschusses: Die Nacht der langen Messer wird aufgerollt. Der vorgeladene Kronzeuge der Hypo-Notverstaatlichung 2009: Ex-Finanzminister Josef Pröll. Der einstige ÖVP-Vizekanzler schwieg bisher eisern zur folgenschweren Nacht vom 14. auf 15. Dezember 2009. Nur einmal, in einem Hypo-Zivilprozess im April 2013, hat sich der jetzige Topmanager im Raiffeisen-Mühlenkonzern Leipnik-Lundenburger zu jener Verteidigung hinreißen lassen, die auch heute von ihm zu erwarten ist. Es sei darum gegangen, „großen volkswirtschaftlichen Schaden von der Republik abzuwenden“. Doch liegen mit dem Bericht der von Irmgard Griss geleiteten Untersuchungskommission inzwischen hochnotpeinliche Fragen an Pröll auf dem Tisch.

1. Herr Pröll, konnten die Bayern Sie einfach bluffen?

Die Griss-Kommission stellt klar: „Die verantwortlichen Entscheidungsträger des Bundes haben die Verstaatlichungsentscheidung ohne ausreichende Informationsgrundlage getroffen.“, heißt es. „Damit konnten die österreichischen Verhandler keine Alternativszenarien entwickeln, die ein Gegengewicht zur Strategie der BayernLB und der Bayern hätten bilden können. Der Gegenseite war es dadurch möglich, Gang und Ergebnis der Verhandlungen maßgeblich zu bestimmen“, beschreibt der umfangreiche Griss-Bericht drastisch, wer hier wen über den Tisch gezogen hat. Und dieses Versagen wäre im Grundsatz wie im Detail geschehen: „Dies gilt sowohl für die Verstaatlichung als auch für die Bedingungen, zu denen die Verstaatlichung erfolgte.“

2.Warum entwickelte man im Finanzministerium keine Alternative zur Verstaatlichung?

Am Tag nach der Verstaatlichung erklärte nicht nur Kanzler Werner Faymann die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria für „unverzichtbar“. Josef Pröll ergänzte wörtlich: „Die Übernahme der Bank war alternativlos, die Reputation und damit auch die Bonität Österreichs stand auf dem Spiel.“ Im Bericht der Griss-Kommission wird hingegen dargelegt, dass das Reputationsrisiko für Bayern mindestens gleich hoch gewesen wäre, ihre Banktochter in Kärnten und damit das ganze Bundesland in Insolvenz zu schicken. Zusammen mit der schlechten Vorbereitung, so der Griss-Bericht „kann die Verstaatlichung nicht als Notverstaatlichung bezeichnet werden, denn sie war - zumindest in ihrer Ausgestaltung - keineswegs alternativlos.“

3.Warum war das Finanzministerium auf die drohende Insolvenz der Hypo nicht genug vorbereitet?

Schon mit dem Halbjahresbericht 2009 der Hypo hätten alle Alarmglocken läuten müssen. Die für das ganze Jahr veranschlagte Risikovorsorge war da bereits verschlungen. Schon am 22. Juli 2009 wies die Fimbag das Finanzministerium, so der Griss-Bericht“, eindringlich auf einen „dramatischen Anstieg“ des Wertberichtigungsbedarfs bei der Hypo International hin.

4.Warum gab es selbst dann keine Strategie, als absehbar war, dass die Bayern Beiträge wollen?

Im Mai 2009 wies die Nationalbank darauf hin, dass die Hypo neben der BayernLB andere Finanzierungsquellen braucht. Das Ministerium musste laut Griss-Bericht davon ausgehen, „dass die BayernLB nicht allein für die Rekapitalisierung sorgt“ – ein Strategiepapier gab es aber nicht.

5. Was war am 20. 11. 2009 in Telefonaten mit Bayerns Finanzminister Fahrenschon genau Thema?

Kontakte, die die Finanzmarktaufsicht mit den Bayern versuchten, sollen laut Kommission ohne jede konkrete Antwort über Kapitalzufuhren geblieben sein. Kapitalaufbringung war dann Thema in Telefongesprächen zwischen Pröll und Bayerns Amtskollegen Georg Fahrenschon. Was genau so kurz vor Verstaatlichung beredet wurde, ist nicht bekannt.

6. Für die Bayern standen acht Milliarden auf dem Spiel. Warum wurden ihnen Rückzahlungen von Milliardenkrediten garantiert?

Besonders scharf kritisiert der Griss-Bericht, dass der Bund „auf jede Gewährleistung für einen bestimmten Zustand der Hypo International“ verzichtet habe. Hingen hätten die Bayern, die zuvor schon Kapital abzogen, mit dem Verzicht auf 525 Millionen Darlehen die Werthaltigkeit ihrer Forderungen an die Hypo von mehreren Milliarden bewahren.

7.Warum fehlte nach Verstaatlichung die klare Abbau-Strategie?

Jeden Beleg umdrehen, gab Josef Pröll als Devise aus, der CSI-Aufklärung hinkte die Sanierung der Bank hinterher. Vorstand Gottwald Kranebitter fantasierte von schwarzer Null der Hypo, die nun restverwertet werden muss. Laut Griss-Bericht „fehlte eine klare Strategie“, zu lange lehnten Politiker Abbaulösung der Hypo ab.