Die Prozess-Schlacht zwischen Österreich und Bayern um Milliarden bei der Hypo Alpe Adria eskaliert weiter. Hatte am Dienstag Finanzminister Hans Jörg Schelling mit Segen des Ministerrates den Bayern eine Klage zur Rückabwicklung der Hypo-Verstaatlichung 2009 noch vor Jahresende angekündigt, so ließen gestern wieder die Bayern die Lederhose krachen.

Sie brachten überraschend beim Handelsgericht Wien eine Klage gegen die Republik Österreich ein, in der sie 2,4 Milliarden Euro einfordern, die aus ihrer Sicht noch als Kredite in der Hypo-Bad-Bank Heta stecken. Die Hypo weigerte sich seit 2013, das Geld an die Bayern zurückzuzahlen, mit der Begründung, es sei als Eigenkapital anzusehen. Dagegen klagte die BayernLB die Hypo beim Landgericht München. Zugleich hatte damals die Hypo Gegenklage eingebracht, in der sie von der BayernLB 2,4 Milliarden Euro zurückfordert, die sie vorher bereits als Kreditrückzahlung abgestottert hatte.

Murks bei Vertrag

„Wenn die Bank dort sich weigert, zu zahlen, muss Österreich zahlen“, sieht Bayerns Finanzminister Markus Söder die neue Klage als „logische Konsequenz“. Ausgelöst habe sie die Republik selbst durch unrechtmäßiges Vorgehen beim gescheiterten Versuch, die Balkan-Hypos zu verkaufen, meinen die Bayern.

Für die Abspaltung der Südosteuropa-Hypos von der Bad Bank Heta hätte sie laut Verstaatlichungsvertrag die BayernLB um Zustimmung fragen müssen. Im Falle der Aufspaltung, „nach der die Lebensfähigkeit der Bank nicht mehr gewährleistet ist, wird der Bund die BayernLB rechtzeitig im Vorhinein verständigen und stellt der Bund auf Verlangen der BayernLB die Rückzahlung der zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Darlehen und Kreditlinien der BayernLB an die Bank sicher“, heißt es darin.

Als vor drei Wochen der erste Anlauf, die Balkan-Hypos an den US-Fonds Advent zu verkaufen scheiterte, sahen die Bayern diese Garantie schlagend an und setzten eine Frist für die 2,4 Milliarden. Da nicht gezahlt wurde, haben sie jetzt die Republik geklagt. Die Bayern sprechen daher von einer Garantieklage. Das Handelsgericht Wien prüft die Klage.

Finanzprokuratur im Fokus

Das Finanzministerium, dessen Generalprokuratur den Verstaatlichungsvertrag und den geplatzten Verkauf an Advent maßgeblich zu verantworten hat, reagierte wortkarg. Die Klage hindere nicht daran, „auch die Ansprüche der Republik gerichtlich geltend zu machen“. Staatssekretärin Sonja Stessl (SPÖ) merkte bissig an, sie sei überzeugt, „die dem Finanzministerium unterstellte Finanzprokuratur“ werde „alles tun, um die Republik bestmöglich zu vertreten“. Mit dem Verkauf der Balkan-Hypo steht man weiter unter Druck. Advent hat sein Kaufangebot erneuert, aber nur bis zum 23. Dezember.

Ein Generalvergleich mit Bayern rückt damit weiter in Ferne. Für Finanzminister Hans Jörg Schelling sieht es „nicht danach aus, dass wir kurzfristig zu einem Ergebnis kommen“. Sein bayerischer Amtskollege Söder sagte: „Wir sind immer offen für jedes Gespräch. Aber Gespräche nützen nichts, wenn sie ohne Ergebnisse sind.“

Taskforce ohne Griss

Für den Verkauf der Balkan-Hypos hat Schelling nun auch eine Taskforce eingerichtet. Diese muss jedoch ohne Irmgard Griss auskommen. Die Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission hat eine Mitarbeit auf eigenen Wunsch abgelehnt.

Die BayernLB hatte zuvor auch schon Klage beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Sie klagt gegen das unter Michael Spindelegger verabschiedete Hypo-Sondergesetz, das die Bayern mit einem Haircut bei Hypo-Nachranganleihen um 800 Millionen Euro stutzt. Für heute haben die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und Neos ihre Verfassungsklage gegen das Hypo-Sondergesetz angekündigt.

Ermittlungsmarathon

Nach wie vor alle Hände voll zu tun mit dem Hypo-Desaster haben auch Staatsanwaltschaft und Landesgericht Klagenfurt. Der nächste Untreue-Prozess gegen Ex-Hypo-Vorstand Wolfgang Kulterer und weitere frühere Bankmanager beginnt am 13. Jänner. Im Fall „Paradiso“ geht es um unbesicherte Millionenkredite für ein Kunstprojekt in Wien. Noch nicht rechtskräftig ist die Anklage in der Causa „Miramare“ und „Amfora Maris“. Auch hier geht es um Millionenkredite, die ohne ausreichende Besicherung – unter anderem für ein Hotelprojekt in Kroatien – vergeben wurden.

ADOLF WINKLER, WOLFGANG FERCHER