Vor rund 35 Jahren wurden vom Nachbarn direkt an die Grenze Fichten und Lärchen gepflanzt“, berichtet ein Leser. Diese sind nun so groß, dass deren Schatten den Lichteinfall zu mehreren Wohneinheiten massiv reduziere und dass „bei kräftigem Wind die Flachwurzler für unsere Mitbewohner eine echte Gefahr darstellen“. Die Bäume stehen nun durch natürliches Wachstum zu 20 bis 60 Prozent auf dem Grund unseres Lesers. Ein besonderes Problem stellt eine Lärche dar, die ziemlich schräg „herüberwachse“. „Nimmt man das Gesamtvolumen des Stammes, so dürfte sich dessen weitaus überwiegender Teil deutlich auf unserer Seite befinden!“, erzählt der Mann und folgert: „Könnten wir diese Bäume nicht ohne weitere Kontaktaufnahme umschneiden?“

Gemeinsames Eigentum

Dem sei leider nicht so, erklärt der einschlägige Experte und Rechtsanwalt Wolfgang Reinisch: „Nach der gesetzlichen Vorschrift des § 421 ABGB steht der Baum im Eigentum jenes Grundeigentümers, aus dessen Grund der Stamm hervortritt. Dies bedeutet, dass zur Beurteilung des Eigentums am Baum die Situierung des Stammes auf Bodenniveau heranzuziehen ist!“ Trete der Baum zum Teil auf dem Grundstück des Nachbarn und zum Teil auf dem Grundstück der Eigentümergemeinschaft des Lesers aus dem Boden, so gehöre der Baum beiden, wobei sich die Eigentumsquote daraus ergebe, mit welchem Prozentsatz der Baum aus dem jeweiligen Grund hervortrete.

Mehrheit entscheidet

Im Normalfall dürfte die Verfügung über Bäume auf dem gemeinschaftlichen Grundstück der ordentlichen Verwaltung zuzuordnen sein und mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden können, erklärt Reinisch. Würde bei einer Eigentümerversammlung eine Mehrheit für das Fällen der Bäume stimmen, könnten die unterlegenen Eigentümer aber durch Anfechtung des Beschlusses eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Bei der „schrägen Lärche“ wären die Betroffenen berechtigt, so Reinisch, sie dort fachgerecht abzuschneiden, wo sie sich zur Gänze in ihrem Luftraum befinde. Das Nachbargrundstück dürfe dabei aber nicht betreten, in dessen Luftraum nicht eingedrungen werden.