Die deutschen Milchbauern können wegen der dramatischen Preiskrise auf staatliche Unterstützung in Millionenhöhe hoffen. Vor dem heutigen "Milchgipfel" beim deutschen Agrarminister Christian Schmidt (CSU)  zeichnete sich ein Hilfspaket ab, damit Betriebe finanzielle Engpässe wegen der seit Monaten fallenden Erlöse besser überbrücken können.

Über grundlegende Neuordnungen, wie die hohe Milchmenge auf dem Weltmarkt als Ursache des Preistiefs besser gesteuert werden kann, entzündete sich jedoch neuer Streit. Schmidt stellte für das Treffen in Berlin "schnelle direkte Hilfen" in Aussicht. "Wir werden eine Reihe von Betrieben über Bürgschaften, Kredite sowie steuerliche Erleichterungen stützen", sagte er dem Magazin "Focus". Im Gespräch war ein Hilfspaket von mindestens 100 Mio. Euro. Schmidt will zudem erreichen, die Risiken des Milchmarkt fairer zu verteilen, die bisher vor allem bei den Bauern liegen.

Preise teilweise unter 20 Cent

Zum "Gipfel" sind Spitzenvertreter der deutschen Landwirte, der Molkereien und des Einzelhandels ins Ministerium eingeladen. Die Milchpreise für die Bauern sind zuletzt teils unter 20 Cent je Liter gefallen, zur Deckung der Kosten gelten mindestens 35 Cent als nötig.

Der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied bekräftigte den Ruf nach "konkreter, sofort wirksamer Unterstützung". Notwendig seien ein Liquiditäts- und Bürgschaftsprogramm sowie Steuerentlastungen nicht nur für Milchviehhalter, sondern für alle landwirtschaftlichen Betriebe, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag).

Schweinehalter spürten ebenfalls schon länger eine Preiskrise. Der "Bild"-Zeitung sagte Rukwied zudem: "Wir brauchen neue verbindliche Absprachen zwischen Bauern, Molkereien und dem Handel." Teile der Milchmengen müssten für die Bauern preislich abgesichert werden können.

Sondersteuer wird abgelehnt

Eine vom Discounter Lidl ins Gespräch gebrachte Sondersteuer für Milch lehnte die Union ab. "Damit stiehlt sich vor allem der Handel aus seiner Verantwortung. Denn sein ruinöser Preiskrieg mit Lebensmitteln ist Teil des Problems", sagte CDU/CSU-Fraktionsvize Gitta Connemann der Deutschen Presse-Agentur. Sie machte deutlich, dass die Politik in Not geratenen Bauern helfen werde. An erster Stelle müssten aber die Marktbeteiligten handeln: "Überproduktionen kann die Branche nur selbst zurückfahren." Wichtig sei auch das Verhalten des Verbrauchers: "Die Entscheidung, wie viele Milchbauern nach dieser existenziellen Krise noch wirtschaften werden, trifft am Ende er."

Der deutsche Lebensmittelhandel trat Schuldzuweisungen entgegen. "Der Handel allein ist nicht in der Lage, für Auszahlungspreise zu sorgen, die für Milchbauern auskömmlich sind", sagte ein Verbandssprecher der dpa. Es zeige sich, dass die deutsche Milchwirtschaft "mittlerweile viel zu stark vom Weltmarkt und seinen Turbulenzen abhängig" sei. Verbraucher könnten aus einem breiten Milchprodukte-Angebot mit unterschiedlichen Preissegmenten wählen.

Österreich: Appell von Schultes

Auch in Österreich trifft der Milchpreisverfall die Bauern hart. Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes appelliert an die Milchbauern angesichts des dramatischen Preisverfalls weniger zu produzieren. "Es wird nur funktionieren, wenn wir weniger anbieten", sagte Schultes am Sonntag in der "ORF"-Pressestunde. Vor allem produktionsstarke Länder wie Dänemark, Niederlande und Irland in Europa müssten deutlich weniger Milch produzieren. Bauern, die nicht Bio- oder Heumilch produzieren, hätten in Österreich aktuell "sehr schlechte Preise", so Schultes. In Reaktion auf die Äußerungen des Landwirtschaftskammer-Präsidenten plädierte der Grüne Landwirtschaftssprecher, Wolfgang Pirklhuber, einen Fokus auf "regional, saisonal und Bio" als "Zukunftsmodell der Landwirtschaft" zu legen. Team-Stronach-Agrarsprecher Leo Steinbichler forderte die "sofortige Wiedereinführung der nationalen Milchquote".