Die EU-Kommission will, dass Internet-Händler Kunden nicht allein aufgrund ihres Wohn- oder Geschäftssitzes beziehungsweise ihrer Nationalität sperren dürfen. Die Einschränkung von diesem "ungerechtfertigtem Geoblocking" ist Teil eines Maßnahmenpakets vom Mittwoch, mit dem die EU-Kommission den Online-Handel ankurbeln will.

"Die Geoblocking-Initiative schafft die richtige Balance zwischen dem Interesse der Verbraucher, online über die Grenzen hinweg einzukaufen, und dem Interesse der Unternehmer, in Rechtssicherheit zu handeln. Ich bin davon überzeugt, dass unser Ansatz, der die Besonderheiten der verschiedenen Geschäftsfelder berücksichtigt, den richtigen Impuls für den grenzüberschreitenden E-Commerce in der EU geben wird" sagte der für die Digitalwirtschaft zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger.

Länderblockaden üblich

Im Internet würden Verbrauchern häufig Angebote aus anderen EU-Ländern vorenthalten, kritisiert die EU-Kommission. Die Verbraucher würden zu einer landesspezifischen Website umgeleitet oder zur Bezahlung mit einer Debit- oder Kreditkarte aus einem bestimmten Land aufgefordert. "Eine derartige Diskriminierung hat im Binnenmarkt keinen Platz", erklärte die EU-Behörde.

Außerdem will die EU-Kommission die grenzüberschreitende Paketzustellung erschwinglicher und effizienter machen. Verbraucher, die Dienstleistungen oder Waren in einem anderen EU-Staat erwerben, dürften demnach nicht durch unterschiedliche Preise, Verkaufs- oder Zahlungsbedingungen diskriminiert werden. Ausnahmen wären demnach nur bei objektiven Gründen, wie dem Mehrwertsteuerrecht oder Vorschriften zum Schutz des Gemeinwohls, gerechtfertigt.

Europa-Quote für Netflix

Europäische Videoproduktionen sollen nach dem Willen der EU-Kommission bei Streaming-Anbietern wie Netflix und Amazon stärker zum Zuge kommen. On-Demand-Videodienste müssten künftig 20 Prozent ihres Angebots mit europäischen Produktionen füllen, diese sollen außerdem eine "gute Sichtbarkeit" bei der Platzierung erhalten, erklärte die Brüsseler Kommission Mittwoch.

Dies sieht ein Entwurf der EU-Behörde zur Überarbeitung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) vom heutigen Mittwoch vor. Derzeit investieren Fernsehveranstalter nach Angaben der EU-Kommission rund 20 Prozent ihrer Einnahmen in selbst produzierte Inhalte, Anbieter von Abrufdiensten dagegen nur weniger als 1 Prozent.

Die EU-Kommission will überdies Fernsehveranstaltern mehr Flexibilität bei der Werbung einräumen. Die Obergrenze eines Sendezeitanteils von 20 Prozent zwischen 7 Uhr und 23 Uhr bleibt demnach erhalten. Anstelle der derzeit erlaubten zwölf Minuten pro Stunde könnten die Fernsehveranstalter allerdings künftig freier entscheiden, wann sie im Tagesverlauf Werbung zeigen.

Fernsehveranstaltern und Anbietern von Abrufdiensten soll außerdem mehr Flexibilität beim Einsatz von Produktplatzierung und Sponsoring eingeräumt werden, solange die Zuschauer darüber informiert werden, erklärte die EU-Kommission.

Online-Musik und Filme im Ausland

Die EU will digitale Inhalte wie Musik, Spiele, Filme und Sportereignisse innerhalb der Europäischen Union grenzüberschreitend nutzbar machen. Eine entsprechende Verordnung zur Mitnahme von Online-Inhalten soll am morgigen Donnerstag bei einem EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat in Brüssel im Grundsatz beschlossen werden. Der EU-Ministerrat soll außerdem UHF-Frequenzen für 5G-Mobilfunk freigeben.

Nutzer mit Online-Abos wie etwa Netflix sollen künftig diese digitalen Inhalte nicht mehr nur am Ort ihres Aufenthalts verwenden können, sondern auch wenn sie sich vorübergehend in einem anderen EU-Land etwa auf Urlaub oder Dienstreise aufhalten. Die Verordnung gilt nur für bezahlte Online-Dienste. Die Provider solcher Dienste sollen ermächtigt werden, den Aufenthaltsort ihrer Abonnenten zu überprüfen. Damit die Verordnung in Kraft treten kann, müssen sich die EU-Staaten zuvor noch mit dem Europaparlament einigen.

Mahrer: "Wichtiger Schritt"

"Es ist höchst an der Zeit, dass wir die digitalen Barrieren innerhalb Europas abbauen. Jeder Bürger, der für Onlinedienste wie Netflix und Co bezahlt, soll sie auch in jedem EU-Land nutzen können. Das werden wir beim EU-Rat beschließen", sagte der zuständige Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP). "Die Abschaffung von Geoblocking ist ein wichtiger Etappensieg, von der alle Online-Kunden in Europa profitieren. So verstehe ich europäische Politik. Praxisorientiert, damit es bei den Usern ankommt."

Auch der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Othmar Karas, begrüßte den am Mittwoch von der EU-Kommission vorgelegten EU-Gesetzesvorschlag gegen "Geoblocking". Karas forderte: "Es darf in der EU keinen Unterschied mehr machen, wo man sich aufhält, wenn man online einkauft, online bezahlt, liest, Musik hört oder Filme anschaut." Manche Online-Händler würden Kunden aus Deutschland günstigere Preise anbieten als den Kunden aus Österreich. Andere Online-Händler machten bestimmte Angebote nur für bestimmte Nationalitäten.

Neue Frequenzen für Mobilfunk

Der EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat, bei dem Österreich durch Mahrer vertreten sein wird, soll auch die Freigabe von Kapazitäten aus dem UHF-Frequenzband für den nächsten Mobilfunkstandard 5G bis 2020 beschließen. Auch in Österreich gibt es dazu einen Ministerratsbeschluss. Einzelne EU-Staaten sollen aber die Möglichkeit erhalten, die Frist auf 2022 zu strecken.

Der EU-Ministerrat wird zudem den Sachstand zur Reform der Entsenderichtlinie erörtern, die von den Parlamenten mehrerer osteuropäischer Staaten abgelehnt wurde. Außerdem planen die Minister einen Meinungsaustausch zur Nutzung weltraumgestützter Daten aus den beiden Satellitennavigationssystemen Galileo und EGNOS.

Am Freitag geht es um die Forschungsagenden, darunter eine Bewertung des abgelaufenen 7. EU-Forschungsrahmenprogrammes sowie der Zugang zur öffentlich finanzierten Forschung, sowohl Publikationen als auch Daten. Die EU-Kommission hat die Schaffung einer europäischen Wissenschafts-Cloud vorgeschlagen. Österreich will öffentlich finanzierte Forschung bis 2015 über das "Open Access Network Austria" zugänglich machen.