Die 13. Runde der TTIP-Verhandlungen ist vergangene Woche zu Ende gegangen. Bei der Pressekonferenz waren die Verhandler sehr zugeknöpft und antworteten eher einsilbig auf Fragen. Von einem Fortschritt konnte nicht die Rede sein.

Nach der Veröffentlichung der gemeinsamen Verhandlungstexte durch Greenpeace wird auch klar, warum die Verhandler eher zurückhaltend blieben. Denn die Positionen der beiden Seiten könnten konträrer nicht sein.

USA machen Druck

Es gibt keine Einigung bei der Frage des Investorenschutzes. In dem Kapitel über Tier- und Pflanzenhygiene zielen die USA sehr klar auf eine Schwächung der Verkaufsverbote von Gen-Pflanzen und Hormonfleisch ab. Laut "Süddeutscher Zeitung", WDR und NDR geht aus den Dokumenten auch hervor, dass die US-Regierung Europa bei den Verhandlungen deutlich stärker unter Druck setzt als bisher bekannt.

So würden Exporterleichterungen für die europäische Autoindustrie blockiert, um im Gegenzug zu erreichen, dass die EU mehr US-Agrarprodukte abnimmt. Außerdem würden sich die USA dem dringenden europäischen Wunsch verweigern, umstrittene private Schiedsgerichte für Konzernklagen durch ein öffentliches Modell zu ersetzen.

Vorsorgeprinzip in Gefahr

Das bisher in Europa geltende Vorsorgeprinzip, das Produkte nur erlaubt, wenn sie für Mensch und Umwelt nachweislich unschädlich sind, drohe durch das in den USA angewandte Risikoprinzip ersetzt zu werden. Dadurch dürften in Europa auch umstrittene und bisher in vielen Ländern nicht zugelassene genmanipulierte Pflanzen und Lebensmittel so lange angebaut und konsumiert werden, bis ihre Schädlichkeit nachgewiesen sei.

Die EU-Kommission wies Vorwürfe zurück, durch TTIP könnten der Umwelt- und Verbraucherschutz ausgehöhlt werden. Das Schutzniveau für Verbraucher, Lebensmittelsicherheit oder Umwelt werde durch ein neues EU-Handelsabkommen nicht sinken, versicherte die verantwortliche Kommissarin Cecilia Malmström in Brüssel.

Faymann ist skeptisch

"Meine große Skepsis gegenüber TTIP wurde durch die jüngst veröffentlichten Berichte bestätigt", teilte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Montag in einer Aussendung mit.

Diesem Handelsabkommen könne derzeit sicher nicht zugestimmt werden. "Die zu Recht bestehenden Bedenken der Bevölkerung müssen ernst genommen werden", so Faymann. Private Schiedsgerichte seien zwischen entwickelten Rechtsräumen nicht notwendig und daher in TTIP abzulehnen. "Und auch die Aushöhlung unserer hart erkämpften Sozial-, Umwelt und Lebensmittelstandards ist nicht zu akzeptieren", so Faymann.

"Eine Aufweichung unserer Standards kommt nicht infrage", ließ auch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) wissen. Es gebe rote Linien, die nicht überschritten werden dürften. "Österreich wird dem Verhandlungsergebnis nur dann zustimmen, wenn unsere hohen Standards gesichert sind und ein faires Abkommen vorliegt", versicherte Mitterlehner.

In dieselbe Kerbe schlug Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) im Ö1-"Mittagsjournal": "Wir werden unsere bäuerliche Landwirtschaft in Österreich nicht auf dem Tempel des Freihandels opfern", betonte der Minister. Die Kommission habe hier hart zu verhandeln. "Wir sind auch bereit, Nein zu sagen zu TTIP", sagte Rupprechter. "So wird es sicher nicht zu einem Abschluss kommen." Auf bestehende Lebensmittel- und Umweltstandards sei zu achten.

Deutschland pocht auf rasche Verhandlungen

Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert sagte dazu, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe ihre Position beim jüngsten Besuch von US-Präsident Barack Obama bei der Hannover-Messe deutlich gemacht. TTIP sei eine große Chance, die Globalisierung zu gestalten. Die Exportnation Deutschland sei wie kaum eine andere Volkswirtschaft auf einen freien Welthandel angewiesen. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hänge davon ab.

Mit Blick auf die in den "TTIP Leaks" dokumentierten US-Forderungen betonte Seibert: "Verhandlungspositionen sind keine Verhandlungsergebnisse." Deutschland werde keine Absenkung von Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards akzeptieren. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) sagte im Bayerischen Rundfunk, die EU betrachte ihre Standards - etwa bei der Lebensmittelsicherheit - nicht als "Tauschobjekt gegen gemeinsame Technikstandards".

Die deutsche Regierung pocht auch nach den "TTIP Leaks" auf einen raschen Erfolg der umstrittenen Freihandelsgespräche zwischen der EU und den USA. "Wir halten den zügigen Abschluss eines ehrgeizigen Abkommens für sehr wichtig", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Jahrelange Verhandlungen

Die EU und die USA verhandeln seit Mitte 2013 über die "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft" (TTIP). Umwelt- und Verbraucherschützer, Gewerkschaften und Sozialverbände befürchten eine Angleichung von Standards auf geringerem Niveau.

Die Verhandlungen sind geheim, allerdings muss die EU-Kommission am Schluss ein mehrheitsfähiges Ergebnis vorlegen. Wenn das EU-Parlament und die Regierungen in den EU-Mitgliedstaaten diesem nicht zustimmen, wird es kein Freihandelsabkommen mit den USA geben. Zudem gilt es als sicher, dass TTIP auch dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt wird.