Viele sehen in dem Handelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU einen Versuch der Amerikaner, ihre Vorstellungen in Europa durchzusetzen. Zum 13. Mal wurde in Washington nun über das Abkommen verhandelt. Doch es gab nur kleine Fortschritte. Denn das Abkommen ist keineswegs so einseitig, wie es scheint. In der EU drängen Interessengruppen auf eine Öffnung des US-Marktes. Während es den USA um Investorenschutz oder Lebensmittel-Importe geht, will Europa den Zugang zu Aufträgen der US-Behörden oder den Schutz geografisch geschützter Angaben, wie Chianti, Feta oder Tiroler Speck.

Beide Anliegen standen auf der Tagesordnung, doch Fortschritte gab es nur beim Thema Regulierung. Zusammen wollen die USA und die EU weltweite Standards in zahlreichen Bereichen schaffen. Einig wurden sich die beiden Seiten bei der Zulassung von Medikamenten.
Für Kritiker ist die regulatorische Zusammenarbeit ein rotes Tuch. Auch wenn Verhandler betonen, dass es bei den Standards kein Wettrennen nach unten gibt, wird genau das befürchtet. Die US-Gewerkschafterin Celeste Drake untermauert die Ängste: „Seit dem Abschluss des Nafta-Abkommens mit Kanada und Mexiko wurden die Standards im Arbeitsrecht in den USA immer weiter gesenkt, um mit dem Lohnniveau Mexikos mithalten zu können.“ Einen für die EU wichtigen Punkt streifen die Verhandler bei der Präsentation der Ergebnisse nur kurz: öffentliche Beschaffung.

Zwist um Staatsaufträge

Das knappe Statement „Es gab Fortschritte im KMU-Kapitel“ gibt einen Hinweis auf einen großen Streitpunkt: die Zukunft des Buy American Act. In den USA werden US-Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt. In der EU gibt es keine Sonderbehandlung für heimische Firmen. Deutschlands Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat die Öffnung der Beschaffungsmärkte für EU-Firmen zur Grundbedingung für ein Ja zu TTIP gemacht. Doch für US-Politiker sind öffentliche Aufträge ein wichtiges Instrument, erklärt Drake.

„Dank des Buy American Act können Bundesstaaten und Kommunen mit Steuergeld Jobs vor Ort schaffen.“ Drake hält ein Ende dieser Praxis für kaum realisierbar: „Zahlreiche Städte und Gemeinden verabschieden Resolutionen gegen eine Öffnung der Beschaffungsmärkte. Der Kongress wird so einer Bestimmung kaum zustimmen, schließlich werden die Abgeordneten lokal gewählt.“

Auch das Thema „geografisch geschützte Angaben“ wurde erwähnt. Doch das Statement der Verhandler fiel kryptisch aus: „Es ist möglich, eine Lösung zu finden, die in den Gesetzesrahmen beider Wirtschaftsblöcke passt.“

ROMAN VILGUT