Ein gigantisches Datenleck gibt Einblicke in 214.000 Briefkastenfirmen in Panama. Ein internationales investigatives Recherche-Netzwerk hat die letzten acht Monate rund 11 Millionen Dateien (Mails, Kontodaten, Briefe) durchforstet, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurden. In Österreich sind der "Falter" und der ORF Partner dieses Recherche-Netzwerks. 

Die Ergebnisse, die nun nach und nach veröffentlicht werden, sind brisant. "Sie zeigen die Offshore-Deals internationaler Politiker, Banken und Oligarchen in Steuerparadiesen", wird berichtet. Das Datenleck in der Größe von 2,6 Terabyte ist zehnmal so groß, wie der Datensatz, der in der so genannten "Offshore-Leaks Affäre" öffentlich wurde. Er stammt aus der Kanzlei eines der weltweit größten Anbieter von Briefkastenfirmen, der in Panama residierenden Rechtsanwaltskanzlei Mossack & Fonseca.

Alleine diese Kanzlei setzte 214.000 Briefkastenfirmen in Steueroasen auf, die den Reichen, aber auch Staatschefs, Politikern und Kriminellen dazu diente, Geld vor dem Fiskus zu verstecken oder Schmiergelder zu bunkern.

Aufgrund der Daten sei es nun auch erstmals möglich, die wahren wirtschaftlichen Eigentümer der Briefkastenfirmen zu identifizieren, so das Netzwerk.

Die Süddeutsche Zeitung koordinierte gemeinsam mit dem renommierten US-Amerikanischen International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ.org) das globale Rechercheprojekt, an dem mehr als 400 Journalisten von mehr als 80 Medienunternehmen beteiligt waren (darunter Le Monde, Guardian und die BBC).

Der "Falter" und der ORF wollen die wichtigsten Ergebnisse der internationalen und nationalen Recherchen präsentieren und sämtliche Berichte kostenlos im Netz abrufbar machen. Sie betreffen zwölf aktive und ehemalige Staatschefs, darunter jene von Russland, der Ukraine, Syrien, Island und Aserbaidschan, aber auch Sportler, Künstler, Banker, Kunstsammler, Oligarchen und Kleinunternehmer. Auch österreichische Persönlichkeiten, Banken, Unternehmer und Firmen seien darin zu finden.

RBI und Hypo Vorarlberg in Offshore-Datensatz

Es werden auch Deals erwähnt, die über die Raiffeisenbank International (RBI) und die Hypo Vorarlber abgewickelt wurden, berichten "ORF" und "Falter" am Sonntagabend.

Beide Banken betonen, sich an die Gesetze gehalten zu haben.

In Zusammenhang mit der Raiffeisenbank Bank International (RBI) haben "ORF" und "Falter" in den Daten über ein Dutzend Offshore-Gesellschaften gefunden. Etwa soll Raiffeisen dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko bei Geschäften zwischen Briefkastengesellschaften in der Karibik und Unternehmen von Poroschenko geholfen haben. Die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank (Hypo Vorarlberg) taucht bei 20 Offshore-Gesellschaften auf.

In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob die Banken gegen die gesetzliche Sorgfaltspflicht verstoßen haben. Die RBI betonte am Abend auf Nachfrage der APA die besondere Sorgfaltspflicht, die bei Offshore-Geschäften gelte und eingehalten werde. Man erfülle die "gesetzlichen Verpflichtungen zur Geldwäschereiprävention vollumfänglich", wird die Sprecherin auch in den beiden Medien zitiert. Die Bank sei verpflichtet, "die Identität des wirtschaftlichen Eigentümers eines Kunden festzustellen". Die Bank verweist darauf, "kein Organ der Exekutive" zu sein, eine "gänzliche Durchleuchtung von Kunden und Transaktionen" sei "nicht möglich".

Auch die Hypo Vorarlberg dementierte den Vorwurf, die Sorgfaltspflicht verletzt zu haben. Die Bank verfolge in ihrer Geschäftspolitik eine "rigorose Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen". Dies betreffe "natürlich auch alle Regelungen zur Verhinderung von Geldwäscherei".

"Besitz ist für sich nicht illegal"

"Generell gilt: Der Besitz einer solchen Offshore-Firma ist für sich nicht illegal", schreibt auch die "Süddeutsche", die bei dieser Enthüllung federführend ist. "Aber wer sich in den Panamapapers umsieht, stellt sehr schnell fest, dass es in der überwältigen Zahl der Fälle vor allem um eines geht: zu verschleiern, wem die Firma in Wahrheit gehört."

Die Daten belegten, wie die globale Offshore-Industrie im Verbund mit großen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern, in aller Verschwiegenheit die Besitztümer von Politikern, Funktionären, Drogenschmugglern, aber auch von Milliardären, Prominenten oder Sport-Stars verwalte.

Messi, Putin-Freunde, Fifa-Funktionär

In den Unterlagen tauchen nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe) die Namen von Milliardären, Politikern, Sportlern, Waffenhändlern, Spionen und Betrügern auf. Unter anderem hätten Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko Briefkastenfirmen einrichten lassen.

Enge Vertraute von Putin leiteten den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren unter konspirativen Umständen offenbar mehr als zwei Milliarden Dollar (1,75 Mrd. Euro) durch Briefkastenfirmen und schafften dabei viel Geld aus Russland heraus. Auch der isländische Premierminister Sigmundur Gunnlaugsson soll bis Ende 2009 zusammen mit seiner heutigen Ehefrau eine Briefkastenfirma besessen haben, in der unter anderem Anleihen wichtiger isländischer Banken deponiert waren.

Ein Video zeigt, wie Gunnlaugsson Fragen nach persönlichen Offshore-Geschäften ausweicht.

Auch international sanktionierte Geschäftsleute wie ein Cousin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad oder Monarchen wie der König von Saudi-Arabien haben den Unterlagen zufolge Offshore-Firmen genutzt. Neue Vorwürfe gibt es durch das Datenleck laut "Süddeutscher Zeitung" auch gegen den argentinischen Fußballstar Lionel Messi und gegen Juan Pedro Damiani, Mitglied der FIFA-Ethikkommission. Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA hat am Abend interne Vorermittlungen gegen ihr eigenes Mitglied Damiani aus Uruguay eingeleitet.

Hier zu wichtigen Überblicksseiten:

Portal der Panama-Papers im Falter

Portal der Panama-Papers im ORF

Berichte über die Putin-Connection in der Süddeutschen

Portal zu den Panama Papers auf der BBC (englisch)

Portal des Recherchenetzwerks ICIJ