Österreich hat laut jüngsten Eurostat-Daten den zweitgrößten Lohnunterschied in der ganzen EU. 22,9 Prozent verdienen Frauen hierzulande weniger als Männer. Nur nur in Estland ist der Gender Pay Gap mit 28,3 Prozent noch größer. In Deutschland ist der Unterschied beim Verdienst von Männern und Frauen in Deutschland im vergangenen Jahr ein bisschen kleiner geworden. Er verringerte sich um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch mitteilte.

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Gender Pay Gap je nach Branche extrem unterschiedlich ist,

Für Österreich wurden zuletzt zwei Sektoren näher beleuchtet: Während die Einkommensunterschiede im Finanz- und Versicherungssektor mit über 30 Prozent zu den höchsten zählen, sind jene im Gesundheitssektor im Vergleich dazu mit zwölf Prozent "relativ moderat".

Die enormen Differenzen im Finanzwesen ergeben sich durch die einzelnen Einsatzfelder. So sind Frauen häufig in der Privatkundenberatung oder im Sekretariat tätig, Männer hingegen im Investmentbanking. Ein Grund für die großen Unterschiede ist auch der hohe Anteil an "leistungsorientierter" Bezahlung und Boni.

Der Gesundheitsbereich wiederum sei durch eine generelle Unterbewertung der Care-Tätigkeiten geprägt, so Bergmann. Ergänzend zu den allgemeinen Strategien wie den verpflichtenden Einkommensbericht fordert sie daher branchenspezifische Ansätze und vor allem eine Aufwertung der Care-Tätigkeiten.

Die Wirtschaftskammer hält die Statistiken zur Lohnschere, wie sie am Freitag von Eurostat veröffentlicht wurden, für "nicht aussagekräftig". Statistisch zeige sich, dass Länder mit geringer Frauenerwerbsbeteiligung wie Italien und Malta einen geringen Einkommensunterschied ausweisen, weil dort vor allem qualifizierte Frauen am Arbeitsmarkt Fuß fassen, hieß es in einer Aussendung.

OECD-Analysen würden zudem zeigen, dass ein Großteil des Einkommensunterschieds auf objektive Faktoren wie Berufswahl, Karriereunterbrechungen, früherer Pensionsantritt und Teilzeit zurückzuführen ist, erklärte Rolf Gleißner, stellvertretender Leiter der sozialpolitischen Abteilung in der WKO. Um verbleibende Differenzen zu verändern, brauche es die "richtigen Hebel", angefangen von der Ausbildungswahl bis hin zu ausreichenden Kinderbetreuungsangeboten, so Gleißner.

Deutschland: Entschärfung durch Mindestlohn

Den Hauptgrund für den sich zumindest langsam verringernden Unterschied zwischen Männern und Frauen in Deutschland - von 23 auf 21 Prozent - vermuten die Statistiker in dem seit Anfang 2015 geltenden Mindestlohn: Er führte vor allem in Ostdeutschland dazu, dass der Stundenverdienst für Frauen stärker anstieg als der für Männer.

Wobei auffällt: Im alten Bundesgebiet ist der Verdienstunterschied demnach mit 23 Prozent immer noch viel größer als in den neuen Bundesländern mit acht Prozent.