Drei Paradebetriebe, drei Pleiten. Es sind schwierige Zeiten, die der steirische Osten wirtschaftlich durchwandert. Nach Fleischproduzent Schirnhofer (Kaindorf) und Garnspezialist Borckenstein (Neudau) trifft es nun mit Steirerfrucht (St. Ruprecht an der Raab) einen der größten heimischen Obstlogistiker.

Weil auch die eng mit Steirerfrucht verflochtene Apfel-Land Fruchtlogistik von der Pleite betroffen ist, gefährdet die Insolvenz insgesamt 113 Arbeitsplätze. Die Überschuldung der beiden Betriebe liegt bei 19 Millionen Euro, ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung soll die Fortführung garantieren.

Doch was bedeutet die Riesenpleite im Herzstück des Apfellandes für die rund 1125 steirischen Apfelbauern? Immerhin konnte die Steirerfrucht mit 40.000 Tonnen Lagerkapazität fast ein Viertel der steirischen Apfelernte (zuletzt 180.000 Tonnen) lagern. Auf jeden Fall bedeutet es, dass die Zeiten noch unsicherer werden, sagt Rupert Gsöls, Obmann der Erwerbsobstbauern: „Wir wissen heute nicht, was am Ende des Tages von der Steirerfrucht übrig bleibt, oder ob wir die Ernte 2016 noch hier einlagern können.“

Im Kleine.tv-Interview erklärt Geschäftsführer Gerhard Mann die Umstände:

Steirerfrucht-Insolvenz: "Seit Jahren schwieriges Marktumfeld"

Unmittelbar von den Zahlungsausfällen betroffen sind zunächst jene Apfelbauern, die der Steirerfrucht vergangenen Herbst Pressobst zur Weiterverarbeitung geliefert haben. Jene Ware, die sich gerade in der Auslieferung befindet, sei indes über Bankgarantien abgesichert. Der Großteil der Bauern ist jedoch indirekt betroffen, denn der überwiegende Teil der bei Steirerfrucht gelagerten Äpfel gehört noch den Bauern selbst.

Warum? Rund 700 Bauern haben sich einst zur Erzeugerorganisation „Opst“ (Obst Partner Steiermark) zusammengeschlossen. Sie hatten die Steirerfrucht als Partner, der die Lagerung und Vermarktung der Äpfel quasi als Dienstleister übernommen hat. Gsöls sieht nun auch die „Opst in großer Gefahr, weil die Karten neu gemischt werden“. Sprich: Fällt der größte Vermarktungspartner weg, muss man bei den verbliebenen als Bittsteller auftreten.

"Opst in Gefahr"

Opst-Geschäftsführer David Eibel hofft wie Gsöls, dass die Steirerfrucht, so sie verkauft wird, an einen lokalen Äpfelvermarkter geht „und nicht an einen Käufer, der nur an der Liegenschaft interessiert ist“.
Die neuen Turbulenzen kommen laut Gsöls just zu einer Zeit, in der der Apfelmarkt verrückt spielt und die Preise seit zwei Jahren im Keller sind. So ortet auch Steirerfrucht-Geschäftsführer Gerhard Mann im Interview mit der Kleinen Zeitung ein seit dem Russland-Embargo der EU verschärftes „Umfeld in Europas Apfelbranche“.

Durch das Wegfallen des russischen Exportmarktes – das Land „schluckte“ zehn Prozent der europäischen Apfelmenge – drängen nun große Apfelproduktionsländer wie Polen (drei Millionen Tonnen pro Jahr) mit ihrer Ware, die sie früher gen Moskau geschickt haben, auf den europäischen Markt. Zu Billigstpreisen. Und genau mit diesen müssen sich die Steirer (die auch gut die Hälfte der Ernte exportieren) am Weltmarkt matchen.

Appell an Raiffeisen

In Deutschland wiederum, der wichtigsten rot-weiß-roten Apfelexport-Destination, haben die Konsumenten im allgemeinen Regional-Trend ihr eigenes Obst wiederentdeckt. Dazu kritisieren viele Bauern und Vermarkter, dass die großspurig politisch angekündigten Exportoffensiven in neue Märkte (Asien) durch enorme Bürokratie und Auflagen schon im Ansatz gebremst würden.

Bleibt noch ein weiteres Damoklesschwert: Dass nämlich mit der Steirerfrucht-Pleite auch jene großen Beträge, die man aus EU-Fördertöpfen für den Standortausbau bekommen habe, zurückbezahlt werden müssen. Gsöls: „Ich kann nur an die Steirerfrucht-Eigentümer RLB appellieren, dass etwaige Rückzahlungen nicht auf Bauern der Opst abgewälzt werden. Denn sie können am wenigsten dafür.“