Müssen Sie Ihre Bilanz über den Haufen werfen, wenn die umstrittene Überantwortung von 3300 Mitarbeitern ins ASVG-Pensionssystem nicht wie geplant klappt?
ROBERT ZADRAZIL: Nein, das werden wir nicht müssen. Wir haben eine klare Sicht, auf welcher rechtlichen Basis unser Plan liegt. Das ist nicht nur durch jede Menge Gutachten unterstützt, sondern auch durch die jahrzehntelange Verwaltungspraxis. Wir nutzen nur die bestehenden Möglichkeiten. Wir haben Anfang 2000 über 1400 Mitarbeiter nach diesem Gesetz aus dem ASVG in unser eigenes Pensionssystem übernommen. Wir haben auch eine Vielzahl von Mitarbeitern nach diesem Gesetz ins ASVG übertragen. Das ist nichts, was wir erfunden haben.

Aber nicht für 3300 Mitarbeiter.
ZADRAZIL: Das wurde schon für viel mehr Mitarbeiter genutzt.

Nicht von einem Unternehmen.
ZADRAZIL: Allein bei der Fusion Creditanstalt – Länderbank waren es in Summe mehr als 1400.
Der Finanzminister hält es für inakzeptabel, der Sozialminister sagt, das geht so nicht.

Wie steht es mit den Verhandlungen um eine Sonderregelung?
ZADRAZIL: Wir verhandeln nicht, wir führen Gespräche, in denen wir unseren Standpunkt darlegen.

Sind die Mitarbeiter schon bei der Pensionsversicherungsanstalt angemeldet?
ZADRAZIL: Noch nicht, aber am Plan, das im ersten Quartal zu machen, halten wir fest.

Gibt es einen Plan B, falls die Anmeldungen abgelehnt werden?
ZADRAZIL: Den gibt es nicht. Aber ich stelle es gern noch einmal dar: Wir haben genauso Tausende Mitarbeiter aus dem ASVG-System in unser Pensionssystem hereingenommen. In Summe 5800.

Laut Gesetz müssen Sie sieben Prozent der Letztbezüge an die PVA überweisen. Das wären 300 bis 400 Millionen Euro. Sie lösen aber Pensionsrückstellungen von 1,9 Milliarden auf.
ZADRAZIL: Was es tatsächlich kostet, kann ich nicht sagen, weil erst die Gebietskrankenkasse die Daten an die PVA überträgt und diese uns dann die Rechnung schickt, wie viel zu übertragen ist. Wenn derzeit der Eindruck entsteht, wir sanieren uns auf Kosten des Steuerzahlers, dann liegt mir sehr viel daran, zu sagen, dass wir das völlig anders sehen. Wir als Bank müssen im Kapitaldeckungsverfahren für jeden Mitarbeiter, auch wenn er erst in 15 Jahren in Pension geht, die kompletten zu erwartenden Zahlungen in der Bilanz rückstellen. Das Umlageverfahren des ASVG-Systems funktioniert völlig anders. Was auch nie in die Rechnungen einfließt: Die 3300 Mitarbeiter gehen ja nicht morgen in Pension, sondern im Schnitt erst in 14 Jahren. Die zahlen noch zusätzlich mehr als 500 Millionen Euro in die ASVG ein.

Wenn sie bis 65 bleiben, was angesichts des Sparkurses eher unwahrscheinlich ist.
ZADRAZIL: Wir bekennen uns zu einer sozial verträglichen Reduktion der Mitarbeiterzahl. Darum diskutieren wir: Wir könnten genauso hergehen und morgen 800 Leute zum AMS schicken.

Rechnet man die 500 Millionen und die vielleicht 300 bis 400 Millionen zusammen, bleibt immer noch ein ordentlicher Betrag übrig.
ZADRAZIL: Und wo kommt der her? Aus unseren Gewinnen. Wir haben das ja niemandem weggenommen. Wir haben die Rückstellungen von 2011 bis 2014 verdoppelt, um eine Milliarde aufgestockt. Das ist so, als hätten Sie von 2011 bis 2014 tausend Euro auf ihr Sparbuch gelegt, jetzt heben Sie die ab dann kommt jemand und sagt, jetzt profitieren Sie aber schön.

Sie müssen den Mitarbeitern viele Sonderansprüche ablösen. Wie hoch werden die sein?
ZADRAZIL: Die Berechnungen sind sehr komplex. Aber es geht dabei sicher nicht um Luxuspensionen. In Summe wird es viel Geld für uns sein. Auch diese Kosten tragen wir und nicht der Steuerzahler.

Dass der Anwalt Roland Gerlach im Sinne des EU-Rechts eine Klage wegen unerlaubter Beihilfe einreichen will, das juckt Sie eher wenig?
ZADRAZIL: Das sagen Sie, ich widerspreche nicht. Jeder, den man fragt, hat eine eindeutige Meinung, Herr Gerlach eine andere.

Der Verkauf des Privatkundengeschäfts stand immer wieder als Drohpotenzial im Raum. Ist das Thema jetzt endgültig vom Tisch?
ZADRAZIL: Eindeutig ja.

Im Zuge des Cernko-Abgangs sprach Unicredit-Boss Ghizzoni davon, dass Sie im Zuge des Generationenwechsels fundamentale Impulse bringen. Was meinte er?
ZADRAZIL: Da müssen Sie am besten ihn fragen. Wenn man sich meinen Lebenslauf anschaut, fällt sicher meine lange Phase als Selbstständiger auf, dass ich von der Nachrichtentechnik, Elektronik komme, aber auch die Bank im Inneren und im Kundengeschäft sehr gut kenne. Die Digitalisierung ist für mich Kernthema. Als Person sehe ich mich als „Playing Captain“.

Eher als Alaba oder Koller?
ZADRAZIL: Eindeutig Alaba, weil ich mich intensiv mit Inhalten beschäftige, meine Rolle nicht nur in der Steuerung des Unternehmens sehe. Koller hat aber auch sensationelle Dinge gemacht und sich nicht von Geräuschen im Umfeld beeinflussen lassen.

Gemessen an der Größe spielt die Bank in einer anderen Liga.
ZADRAZIL: Wir sind die größte Bank im Land und bleiben das auch.

Wo soll die Bank 2020 stehen?
ZADRAZIL: Wir haben drei sehr profitable Geschäftsfelder, wo wir unsere Marktstellung ausbauen wollen. Im Privatkundengeschäft werden wir 2018 profitabel sein. Wir werden ein besseres Angebot als bisher machen, deutlich billiger produzieren. Die Riesenchance, ist doch, dass bis jetzt niemand in Österreich so konsequent und flächendeckend die Möglichkeit hat, die digitale und analoge Welt zusammenzuführen. Wir werden hochmoderne Beratungsfilialen sowie Onlinefilialen haben.

Diese Chance hätten Sie schon bisher nutzen können.
ZADRAZIL: Es ist bewusst eine Neuausrichtung, keine Restrukturierung, denn diese funktioniert nicht. Wir können uns zu Tode sparen und der Letzte dreht das Licht ab. Haben wir dadurch mehr Erträge? Nein. Die Drei- bis Fünf-Mann-Filiale wird durch deutlich größere, aber weniger Beratungsfilialen ersetzt, sonst kann man die Beratungsqualität und die längeren Öffnungszeiten, die die Kunden fordern, nicht anbieten.

Wie viele Filialen wird es zum Schluss noch geben?
ZADRAZIL: Physisch wahrscheinlich rund 120 und zusätzlich unsere Onlinefiliale, wo bereits heute 250 Berater arbeiten, was gut 50 Kleinfilialen entspricht.

Die bargeldlose Bank – ist die für Sie vorstellbar?
ZADRAZIL: Nein.


INTERVIEW: CLAUDIA HAASE, ADOLF WINKLER