Ein „denkwürdiger Grillnachmittag am See“ habe letztlich den Weg geebnet, erinnern sich Alexander Wiechert und Martin Ponticelli. Beide sind langjährige Manager bei Vexcel Imaging. Vor zehn Jahren hat sich der Software-Gigant Microsoft das auf hochpräzise Kameras, Sensoren und Software spezialisierte Unternehmen aus Graz geschnappt. Vexcel wurde einst vom renommierten TU-Professor Franz W. Leberl gegründet. In den vergangenen zehn Jahren wurde die Mitarbeiterzahl von rund 20 auf heute 65 gesteigert, bei Luftbildkameras wird ein Weltmarktanteil von knapp 50 Prozent erreicht.

Jetzt verkauft Microsoft seine Grazer Tochter wieder. Und die Käufer haben sich bei Grillsteaks im Haus von Ex-Microsoft-Manager Stephen Lawler an besagtem See zusammengefunden. Lawler war früher Technikvorstand des Microsoft-Kartendienstes Bing Maps; mit Erik Jorgensen, einst Vizepräsident von Bing und MSN, ist ein weiterer früherer Top-Manager aus dem Microsoft-Reich mit an Bord. Die beiden waren es auch, die vor zehn Jahren die Übernahme von Vexcel für Microsoft über die Bühne gebracht haben. Wiechert, CEO von Vexcel, sowie Entwicklungsmanager Ponticelli komplettieren das neue Eigentümerquartett.

Neo-Miteigentümer Alexander Wiechert im Kalibrierraum in Graz
Neo-Miteigentümer Alexander Wiechert im Kalibrierraum in Graz © Eder

Der genaue Kaufpreis wird nicht genannt, Wiechert spricht von einem „niedrigeren zweistelligen Millionen-Betrag“. Der endgültige Abschluss der Übernahme (Closing) soll Anfang März erfolgen.

„Profitable Firma“

Vor rund einem Jahr habe sich die interne Strategie bei Microsoft geändert, ein Teil der Kartentechnik wurde etwa an den US-Taxidienst Uber verkauft. „Wir haben gemerkt, dass wir für Microsoft nicht mehr diese strategische Relevanz haben“, so Wiechert. Da es sich bei Vexcel aber um ein „profitables und kerngesundes Unternehmen“ handelt, gab es einige Interessenten. „Wir sind an das Management herangetreten und haben bekundet, dass wir das gerne selbst machen würden, wir kennen das Unternehmen in- und auswendig.“ Die Trennung erfolge „sehr freundschaftlich“.

Dennoch freue man sich nun auch auf die „neu gewonnene unternehmerische Freiheit“. Der Sitz der Firma bleibt in der Grazer Anzengrubergasse.

Mobiles Rucksackmodell „Panther“
Mobiles Rucksackmodell „Panther“ © Vexcel

Das Produktportfolio wird erweitert. Neben Hightech-Luftbildkameras („Ultracam“) liegt der Fokus auch auf terrestrischen Kamerasystemen. Das mobile Rucksackmodell „Panther“ setzt sich etwa aus einem Panoramakopf mit 26 Einzelkameras und Laser-Sensor zusammen und schafft so digitale 360-Grad-Welten.Die Kameras erreichen eine Auflösung von fast 70 Megapixel.

 „Mustang“-System
„Mustang“-System © Vexcel

Mit dem „Mustang“-System wurden für Microsoft in den USA bereits fünf Millionen Kilometer an 3D-Straßenkartenmaterial aufgezeichnet. Das Modell steht nun auch für andere Kunden zur Verfügung.

Kieselsteine zählen, 1000 Meter über Boden

Die digitale Luftbildkamera-Familie wächst ebenfalls. Je nach Ausführung und Einsatzgebiet werden damit aus Hunderten oder Tausenden Meter Höhe im Sekundentakt Bilder (Dateigröße je Bild: 1,3 Gigabyte) gemacht. Mit der „Eagle Prime“ ist es etwa möglich, zweieinhalb Zentimeter „große“ Bildausschnitte am Boden abzubilden, also Kieselsteine zu zählen, 1000 Meter über dem Erdboden.