Sieben EU-Länder haben einen Brandbrief an die EU-Kommission geschickt, um vor einem Zusammenbruch der Branche zu warnen und auf mehr Schutz vor der Billigkonkurrenz aus China und Russland zu drängen. Österreich schließe sich der Initiative an und setze auf weitere Gespräche auf EU-Ebene, heißt es auf Anfrage der APA am Montag aus dem Wirtschaftsministerium.

Initiert wurde der Alarmruf von Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Unterstützt wurden sie dabei auch von Italien, Polen, Belgien und Luxemburg.

"Ein starker und wettbewerbsfähiger Stahlsektor ist von entscheidender Bedeutung für die industrielle Basis Europas und die damit verbundenen Arbeitsplätze", wird Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in einer Stellungnahme zitiert. Die Stahlindustrie sei eng mit Branchen wie der Automobil- und Bauindustrie und den Sektoren Elektronik, Maschinenbau und Elektrotechnik verflochten. "Dieses Know-how muss in Europa gehalten werden", so der Minister.

Verfahren gegen China

Die EU-Minister appellierten an die Kommission, alle Mittel auszuschöpfen, um gegen unlautere Handelspraktiken ausländischer Stahlproduzenten vorzugehen. Die heimischen Hersteller werfen vor allem China und Russland Dumpingpreise vor. EU-Handelskommissarin Cecilia Malström hatte am Freitag noch für diesen Monat drei neue Anti-Dumping-Verfahren gegen chinesische Stahlimporte angekündigt. Insidern zufolge sollen auf die Einfuhr bestimmter Stahlsorten aus der Volksrepublik sowie aus Russland Zölle erhoben werden.

Dies geht den Ministern allerdings nicht weit genug. Sie verlangen auch Verfahren wegen weiterer Stahlsorten, die aus der Volksrepublik kommen. "Wir dürfen nicht warten, bis der Schaden durch unfaire Praktiken für unsere Branche irreversibel wird", heißt es in ihrem Schreiben, das am Freitag abgeschickt wurde. China warnte hingegen vor der Einführung von Strafzöllen. Um die europäischen Vorwürfe zu klären, müsse zunächst die Welthandelsorganisation (WTO) eingeschaltet werden, forderte das Handelsministerium in Peking.

Immer weniger Mitarbeiter

In der weltweiten Stahlproduktion steht die EU an zweiter Stelle, die Nummer eins ist China. Die chinesischen Hersteller drängen verstärkt auf die Weltmärkte, da die heimische Nachfrage schwächelt. Die Stahlpreise sind massiv gefallen - auch wegen internationaler Überkapazitäten. Die europäischen Stahlkocher sehen sich zudem durch hohe Energiepreise und Umweltsteuern belastet. Sie haben nach Verbandsangaben seit 2008 rund 85.000 Stellen abgebaut, das sind mehr als 20 Prozent der Beschäftigten insgesamt.

Die deutsche Stahlindustrie mit Branchengrößen wie Thyssenkrupp und Salzgitter erwartet für dieses Jahr einen Rückgang der Rohstahlproduktion von drei Prozent auf 41,5 Millionen Tonnen. 2007 belief sich das Volumen noch auf 48,3 Millionen Tonnen. Wie tief die Branchenkrise ist, zeigt auch die Entwicklung beim Weltmarktführer ArcelorMittal, der das vergangene Jahr mit einem Rekordverlust abschloss und nun Finanzspritzen in Milliardenhöhe braucht. ThyssenKrupp legt am Freitag Geschäftszahlen vor, der österreichische Stahlkocher Voestalpine bereits am Mittwoch.