Mehrere Regierungschefs hätten das Thema auf dem EU-Gipfel vorgebracht und verlangt, dass bei dem Projekt EU-Recht eingehalten werden müsse, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Freitag nach dem Ende des Treffens in Brüssel.

"Das ist eine klare Bedingung", sagte Tusk in ungewöhnlich deutlichen Worten. Seiner Meinung nach trage Northstream 2 nicht zum EU-Ziel bei, die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu reduzieren. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, es müssten Lösungen gefunden werden, die die Ukraine als Transitland nicht völlig unbedeutend machen. "Das ist der politische Wunsch."

Schaler Beigeschmack

Nach Darstellung von Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi sehen nur Deutschland und die Niederlande kein Problem in dem Projekt. Alle anderen Regierungschefs hätten sich seiner Position angeschlossen, dass es einen Beigeschmack habe, wenn das Projekt South Stream im vorigen Jahr blockiert worden sei und die Kapazität von Nord Stream verdoppelt werden solle. Die EU-Kommission prüft, ob die Ostsee-Pipeline mit EU-Recht in Einklang steht. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der die Pressekonferenz gemeinsam mit Tusk abhielt, schwieg zu dem Thema.

Emotionale Diskussion

Tusk beschrieb die Diskussionen beim Gipfel als "intensiv und emotional". In der Schlusserklärung des Gipfels heißt es, dass alle neuen Infrastrukturprojekte komplett mit dem dritten Energiepaket der EU, dem EU-Recht und den Zielen der Energieunion übereinstimmen sollten. Merkel sagte, sie habe in den Diskussionen deutlich gemacht, dass es sich bei Nord Stream um eine unternehmerische Entscheidung handle, kein politisches Projekt.

80 Prozent der russischen Gaslieferungen

Die russische Gazprom hatte im September mit den europäischen Partnern BASF/Wintershall, E.ON, Shell und OMV vereinbart, die bestehende Pipeline Nord Stream auszubauen. Kritiker monieren, dass die Ukraine und Polen umgangen werden. Tusk berief sich auf Zahlen der EU-Kommission, wonach durch den Ausbau 80 Prozent der russischen Gaslieferungen in die EU über diese Route kommen würden. "Außerdem würde das zu einer marktbeherrschenden Stellung von Gazprom in Deutschland führen, weil der Marktanteil dann auf mehr als 60 Prozent ansteigen würde."