Rekordfusion in der Pharmabranche: Der Botox-Herstellers Allergan und der Viagra-Konzern Pfizer wollen sich zum größten Pharmakonzern der Welt zusammenschließen. Das Volumen der Transaktion liege bei rund 160 Milliarden US-Dollar (150 Milliarden Euro), wie die beiden Pharmakonzerne am Montag gemeinsam mitteilten. Die Allergan-Anteilseigner sollen je Aktie 11,3 Papiere des fusionierten Unternehmens erhalten, das den Namen Pfizer tragen wird. 

In der Wirtschaftswelt kommt dies einem Fest der Superlative gleich: Die bisher größte Fusion des Jahres 2015 wäre auch der Top-Zusammenschluss der Pharma-Industrie aller Zeiten und brächte den weltgrößten Arzneimittelhersteller hervor. Kritik dürfte die Liaison aber in der US-Politik auslösen, weil Pfizer seinen Konzernsitz ins steuerfreundliche Irland verlagern will.

Pfizer-Übernahme in den Top-5
Pfizer-Übernahme in den Top-5 © Kleine Zeitung/APA

Für Pfizer-Chef Ian Read ist mit einer Zustimmung des eigenen Verwaltungsrats sein lange verfolgtes Ziel zum Greifen nah, den Konzern formal außerhalb der USA anzusiedeln. Der Fiskus greift dort stärker zu als in Irland, wo Allergan seinen Sitz hat. Allergan selbst war erst vor wenigen Monaten aus der 66 Milliarden Dollar schweren Übernahme des gleichnamigen US-Konzerns durch den irischen Konkurrenten Actavis entstanden, der sich danach in Allergan umbenannte.

Der heute 62-jährige Read hatte es schon auf die britisch-schwedische AstraZeneca abgesehen gehabt, war vor rund eineinhalb Jahren aber trotz eines Gebots von 118 Milliarden Dollar gescheitert. Zuletzt hatte die US-Regierung zwar mit einem neuen Gesetz versucht, steuersparenden Konzernumzügen einen Riegel vorzuschieben. Doch Experten zufolge dürfte dies einer Fusion von Pfizer und Allergan nicht im Weg stehen. Früheren Insider-Informationen zufolge soll Pfizer-Chef Read den Konzern auch nach der Fusion leiten, während Allergan-Boss Brent Saunders einen anderen hochrangigen Posten bekleiden soll.

Botox und Viagra

Mit dem Zusammenschluss kommen nicht nur Viagra und Botox, sondern eine Reihe weitverbreiteter Schmerzmittel, Alzheimer-Präparate, Blutfettsenker und Augenarzneien unter ein Dach. Der Pharmagigant wird jährlich Umsätze von mehr als 60 Milliarden Dollar erzielen und Novartis aus der Schweiz vom Spitzenplatz des weltgrößten Herstellers verschreibungspflichtiger Medikamente verdrängen.

Die Pharmabranche ist seit längerem im Übernahmefieber. Unter anderem heizen hohe Forschungskosten und der Ablauf von Patenten auf lukrative Medikamente die Fusionswelle an. Erst im Juli hatte der weltgrößte Generika-Anbieter Teva angekündigt, für 40,5 Milliarden Dollar die Nachahmer-Medikamente von Allergan zu kaufen. Pfizer selbst ist zwar groß, aber in der Defensive: Seit einiger Zeit schon haben die Amerikaner in der Arzneiforschung keinen wirklichen Kassenschlager mehr hervorgebracht. Jüngst gab das New Yorker Unternehmen 15 Milliarden Dollar für den US-Rivalen Hospira aus.

Rekordjagd

Mit einem Kauf von Allergan wird Pfizer das Volumen von Fusionen und Übernahmen in der gesamten Gesundheitsbranche heuer auf mehr als 600 Milliarden Dollar treiben und so die jüngste Rekordjagd krönen. Pfizer würde sich zudem in die Riege der größten Übernahmen aller Zeiten einreihen, die noch immer vom Kauf der deutschen Mannesmann AG durch die britische Vodafone im Jahr 1999 für 203 Milliarden Dollar angeführt wird. Auch der anstehende Kauf des Bierbrauers SABMiller durch den Konkurrenten Anheuser-Busch Inbev für über 100 Milliarden Dollar würde in den Schatten gestellt.