Erben und Schenken innerhalb der Familie wird ab Anfang 2016 großteils teurer - wie stark, lässt sich durch eine neue Verordnung der Finanz feststellen. Darin sind zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes ab 1. Jänner mehrere Berechnungsmöglichkeiten vorgegeben. Die neue Steuer zu errechnen ist höchst kompliziert, und meistens wird es teurer, so der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK).

Für die ersten 250.000 Euro Grundstückswert beträgt der Steuersatz künftig 0,5 Prozent, für die nächsten 150.000 Euro 2,0 Prozent und darüber hinaus - also über 400.000 Euro - dann 3,5 Prozent.

Grundstückswert als Basis

Bisher gilt der dreifache Einheitswert einer Immobilie als Bemessungsgrundlage - und darauf zwei Prozent Grunderwerbsteuer. Ab 2016 aber wird der sogenannte "Grundstückswert" als Basis herangezogen. Für dessen Berechnung sieht die Verordnung des Finanzministeriums zwei Möglichkeiten vor: Ein "Pauschalwertmodell" nach einer komplexen Formel oder Werte aus einem Immobilienpreisspiegel - bis Ende 2016 des Preisspiegels der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) bzw. ab 1.1.2017 eines derzeit noch gar nicht existierenden Immo-Preisspiegels der Statistik Österreich. Als dritte Option könne man auch den Grundstückswert über ein Schätzgutachten ermitteln lassen, das sei aber mit erheblichen Mehrkosten verbunden und werde wohl die Ausnahme bleiben, meint ÖRAK-Präsident Rupert Wolff.

Für die Ermittlung des Steuersatzes werden alle Übertragungen zwischen denselben Personen innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums zusammengezählt - wenn etwa Vater und Mutter ihre Anteile am gemeinsamen Haus, das ihnen je zur Hälfte gehört, zu unterschiedlichen Zeiten ihrem Sohn schenken.

Mehr Steuerbelastung

Bei den fünf Beispielen, die die ÖRAK exemplarisch durchgerechnet hat, kommt nach dem neuen Modus durchwegs mehr Steuerbelastung heraus - bei einem Betriebsgrundstück mit Fabriksgebäude sogar das Zehnfache. Lediglich in einem Fall liegt die Steuer künftig nur geringfügig höher als bisher. "Anhand der Beispiele sieht man, dass es für Betroffene in der Regel deutlich teurer wird", so Wolff: "Aber im Schnitt scheint die Erhöhung der Steuerbelastung vielleicht nicht ganz so hoch auszufallen wie zu befürchten war."

In einigen Fällen wird es nach der neuen Rechtslage sogar günstiger werden, etwa bei kleinen Wohnungen in weniger attraktiven Lagen mit Grundstückswerten weit unter 250.000 Euro, vermutet der ÖRAK-Präsident. Auf der anderen Seite könne es - etwa bei größeren Immobilien in sehr guten Lagen - aber auch zu exorbitant hohen Steuerbelastungen kommen. In Anbetracht der Komplexität sollten sich Betroffene rechtzeitig an Experten wenden, etwa an Rechtsanwälte, auch um feststellen zu können, ob eine rasche Übertragung einer Immobilie noch bis zum 31. Dezember 2015 sinnvoll sein könnte.

Langes Zurückhalten

Den Chef der Rechtsanwaltskammer stört vor allem, dass das Ministerium sich so lange Zeit gelassen hat, bis die Formel veröffenlticht wurde. Gegenüber dem ORF sagt er: "Das lange Zurückhalten des Berechnungsschlüssels ist unverständlich." Im Interesse der Betroffenen hätte das Ministerium „zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit schaffen“ müssen.

Extrem kompliziert

Für die Berechnung des Grundstückswertes nach dem "Pauschalwertmodell" ist eine komplizierte Berechnungsformel vorgesehen: Diese setzt sich zusammen aus den Faktoren Grundfläche, Bodenwert, Nutzfläche, Baukostenfaktor sowie einem Hochrechnungsfaktor, der Altersminderung und einer Bauweise-/Nutzungsminderung der jeweiligen Immobilie. Eine solche Formel sei den Bürgern gar nicht zumutbar, so Wolff.

Grundsätzlich ist der volle Baukostenfaktor anzusetzen (100 Prozent), bei Gebäuden zur gewerblichen Beherbergung sind es 71,25 Prozent, bei Fabriks- und Werkstättengebäuden sind die Baukosten mit 60 Prozent anzusetzen, für einfachste Gebäude (etwa Glashäuser, Ställe, frei stehende Garagen, nicht ständig bewohnbare Schrebergartenhäuser) 40 Prozent. Das Resultat aus Nutzfläche bzw. Bruttogrundfläche mal Baukostenfaktor ist je nach Zeitpunkt einer Sanierung oder der Fertigstellung mit 100, 65 oder 30 Prozent als Wert des Gebäudes anzusetzen. 100 Prozent sollen angesetzt werden, wenn Sanierung/Fertigstellung in den letzten 20 Jahren erfolgten, 65 Prozent wenn dies in den letzten 40 bis 20 Jahren der Fall war und 30 Prozent, wenn schon über 40 Jahre verstrichen sind - bei einfachsten Gebäuden halbieren sich die Zeitspannen auf 10, 20-10 bzw. 20 Jahre.

Einfamilienhaus: Zehnmal soviel Steuern

Ein Beispiel: Einfamilienhaus in Meiningen (Vbg.), Baujahr 2009, Nutzfläche 114 m2, Garage und Gerätehaus 25 m2, dreifacher Bodenwert 9.780 Euro; Hochrechnungsfaktor 10,5; Baukostenfaktor für Vorarlberg: 1.780 Euro/m2 - ergibt einen Grundstückswert von 323.410 Euro und daraus künftig 2.718 Euro Steuer (gegenüber bisher 274 Euro).

Etwa gleich ist dagegen die Steuerbelastung bei einer 2008 generalsanierten Altbau-Eigentumswohnung in 1040 Wien, Anteile 61/2881, Nutzfläche 65 m2, dreifacher Bodenwert des gesamten Grundstücks: 441.501 Euro; Hochrechnungsfaktor 3,5; Baukostenfaktor für Wien: 1.560 Euro je m2. Hier errechnen sich laut ÖRAK 134.118 Euro Wert bzw. künftig 671 Euro Steuer (gegenüber bisher 540 Euro).

Wendet man zur Steuer-Berechnung nicht das "Pauschalwertmodell" an, sondern den Immopreisspiegel, so sind als Grundstückswert 71,25 Prozent des Werts heranzuziehen, der im Preisspiegel gelistet ist. Der Abschlag um 28,75 Prozent soll laut Verordnung "verhindern, dass regionale Schwankungen zu überhöhten Ergebnissen führen". Der Preisspiegel darf aber nur angewendet werden, wenn die jeweilige Immobilie auch wirklich einer bestimmten Objektkategorie darin zugerechnet werden kann und den dort genannten Parametern entspricht.

Ab 1. Jänner 2016 bis zum Tag der Publikation durch die WKÖ - üblicherweise mit Stand Mai - soll noch der Immopreisspiegel 2015 gelten, danach bis Ende 2016 der neue Preisspiegel von 2016. Ab 2017 soll die Statistik Austria einen Preisindex für selbst genutztes Wohneigentum und einen Immopreisindex erstellen; früher geht nicht, da noch Datenlücken zu schließen sind.