Die Bienen ließen die Stimmung kippen. Kaum eine Branche ist zuletzt derart ins Visier einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit geraten wie die Pflanzenschutz-Branche, die in Österreich 130 Millionen und weltweit 40 Milliarden Euro mit der Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, Schädlingen und Unkräutern umsetzt.

Bienen. Für das massive Bienensterben in Europa in vergangenen Jahren wurden insbesondere in großen NGO-Kampagnen die so genannten „Neonicotinoide“ verantwortlich gemacht. Das sind Insektizide, die vor allem beim Raps- und Maisanbau gegen Maiswurzelbohrer & Co. eingesetzt – und von der EU am Höhepunkt der Bienendebatte Ende 2013 verboten wurden. Vorerst bis 2016. Seither vergeht keine Woche, in der nicht eine Studie oder ein Gegengutachten zur Gefährlichkeit – oder Unbedenklichkeit – von „Neonics“ für Bienen die Diskussion neu anstachelt. Entscheidungs-Ausgang 2016: ungewiss.

Nils Bauer, Chef von Bayer Crop Science Austria
Nils Bauer, Chef von Bayer Crop Science Austria © KK

Reaktion. „Die Bienendebatte hat uns wachgerüttelt. Sie hat aber auch gezeigt, dass strenge Zulassungskriterien plötzlich nichts wert sind, wenn Emotion die öffentliche Debatte bestimmt“, sagt Nils Bauer, Österreich-Chef von Bayer Crop Science. In der Zentrale des Branchenriesen mit 23.000 Mitarbeitern nahe Leverkusen gab Bayer Einblick, wie man auf schwindende Akzeptanz von chemischem Pflanzenschutz in der Bevölkerung reagiert.

Alternativen. Reagieren mussten auch die Landwirte. Sämaschinen mussten umgebaut werden, damit der Staub von Saatgut, das mit Pflanzenschutzmitteln gebeizt wurde, nicht in die Luft gelangt. Häufige Fruchtfolge (es wird mehr Soja, Hirse oder Kürbis statt Mais angebaut) und sogar Sexuallockstoffe sollen Maiswurzelbohrer & Co. auf natürliche Weise zusetzen.

Biologischer Pflanzenschutz. Der allgemeine Bio-Boom in Europa pflanzt sich auch in dieser Branche fort. „Bei biologischen Pflanzenschutzmitteln sehen wir ein enormes Potenzial“, sagt Bauer. Dabei gehe es nicht nur um neue Wirkstoffe, die auch in der Bio-Landwirtschaft verwendet werden dürfen, sondern auch um breiteren Schutz, wenn biologische und chemische Wirkstoffe kombiniert würden. Derzeit mache der Bio-Pflanzenschutz fünf Prozent des Geschäfts aus. Tendenz (auch aufgrund der Kritik an chemischen Mitteln) aber steigend. Vor allem bei Obst und Gemüse. Darum hat Bayer in den letzten Jahren vier auf Bio-Pflanzenschutz spezialisierte Unternehmen aufgekauft.

Digitale Landwirtschaft. In Brasilien schon erprobt, will Bayer bald auch hierzulande Landwirten mit aktuellen Satellitenbildern vom jeweiligen Acker Echtzeit-Daten liefern, damit Pflanzenschutzmittel nur dort ausgebracht werden, wo sie auch gebraucht werden, was die eingesetzen Mengen, die Kosten für Landwirte und Rückstände deutlich verringern soll. Ist das nicht gegen das eigene Geschäft? „Wir wollen weg vom reinen Flaschenverkauf verschiedener Mittel, hin zum Dienstleistungs Unternehmen“, erklärt Projektleiter Tobias Menne.

Schaufenster. „Die Akzeptanz für moderne Landwirtschaft sinkt mit steigender Entfremdung der Bevölkerung von ihr und Romantisierung durch die Werbung“, lautet der Befund von Helmut Schramm, Chef von Bayer Crop Science Deutschland. Mit groß angelegten Schaufeldern und Kampagnen will man nun auch aufklären, wie groß die Ernteverluste ohne Pflanzenschutz seien. Das Plakative hat man sich wohl vom Gegner (NGOs) abgeschaut.