Der gebürtige Schotte Angus Deaton wurde in Stockholm mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. Seine Forschungsischwerpunkte liegen in der Gesundheits- und Entwicklungsökonomie sowie im mikroökonomischen Verhalten von Haushalten. Er ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Princeton University. Deaton erhalte die Auszeichnung für seine Analyse von Konsum, Armut und Wohlstand, hieß es in der Begründung.

Deaton bekommt den Preis "für seine Analyse von Konsum, Armut und Wohlfahrt", sagte Göran Hansson, Generalsekretär der Akademie. "Der diesjährige Preis handelt von Konsum im Großen und Kleinen."

Bekanntgabe des Preisträgers in Stockholm
Bekanntgabe des Preisträgers in Stockholm © APA/EPA/MAJA SUSLIN

Von Anruf aus dem Schlaf gerissen

Deaton hat der Anruf der schwedischen Jury am Montag aus dem Schlaf gerissen. "Meine Güte, ich war ganz schön verschlafen!" sagte der in den USA lebende britisch-amerikanische Forscher, der bei der Pressekonferenz in Stockholm per Telefon zugeschaltet war. "Ich war überrascht und erfreut, die Stimmen meiner Freunde vom Komitee zu hören."

"Es war mir natürlich wie vielen anderen Ökonomen bewusst, dass es eine Chance dafür gab." Er freue sich darauf, im Dezember zur Preisverleihung nach Schweden zu kommen. Der gebürtige Schotte lehrt an der US-Universität Princeton und bekommt den Preis für seine Analysen von Konsum, Armut und Sozialhilfe.

"Um eine Wirtschaftspolitik zu entwerfen, die das Wohlergehen fördert und Armut reduziert, müssen wir zuerst die individuellen Konsumentscheidungen verstehen", lobte das Komitee die Arbeit des 69-jährige Deaton, der seit 1983 an der Princeton University in den USA forscht und lehrt. "Mehr als jeder andere hat Angus Deaton dieses Verständnis verbessert."

Deaton nutzte für seine Ergebnisse die Befragung von Haushalten in Entwicklungsländern. Mithilfe von Daten zu den Konsumausgaben habe er Lebensstandard und Armut berechnet, erklärte die Akademie.

Drei Errungenschaften hervorgehoben

Konkret hob die Akademie drei wissenschaftliche Errungenschaften von Deaton hervor. Um 1980 hatte Deaton erstens gemeinsam mit dem Ökonomen John Muellbauer ein System entwickelt, um die Nachfrage für verschiedene Güter zu schätzen. Dieses System sei wichtig für wirtschaftspolitische Entscheidungen, heißt es in der Mitteilung. So helfe es Regierungen abzuschätzen, wie sich beispielsweise eine Mehrwertsteuererhöhung auf den Konsum auswirke und welche sozialen Gruppen dabei verlieren oder gewinnen.

Zweitens hob die Akademie Deatons Studien um 1990 hervor, die den Zusammenhang zwischen Konsum und Einkommen untersuchten. Dabei zeigte er auf, dass der Schlüssel zu einem besseren Verständnis von makroökonomischen Daten in der in der Betrachtung von Individuen liegt.

Und drittens würdigte die Akademie auch die jüngeren Arbeiten des Briten. Deaton nutzte für seine Ergebnisse die Befragung von Haushalten in Entwicklungsländern. Mithilfe von Daten zu den Konsumausgaben habe er Lebensstandard und Armut berechnet, erklärte die Akademie.

Widerwille, Glück zu bemerken

Der vielfach ausgezeichnete Wissenschaftler kam am 19. Oktober 1945 in Edinburgh zur Welt, sein schottischer Akzent ist aber kaum noch wahrnehmbar. Eine hartnäckige Skepsis und einen Widerwillen, Glück zu bemerken oder zuzugeben, habe er wohl seiner Herkunft zu verdanken, sagte Deaton, der häufig Fliege trägt, einmal in einem Interview. Seine Schwester und er waren demnach die ersten in der Familie, die auf die Universität durften. Er hat sowohl die britische als auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und zwei erwachsene Kinder.

In Princeton lehrte Deaton bereits 1979/80 als Gastdozent. Weitere Stationen waren die renommierte englische Universität Cambridge, wo er 1974 promovierte, und Bristol. 2009 wurde er zum Präsidenten der traditionsreichen American Economic Association gewählt.

Kein klassischer Nobelpreis

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft gehört nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Er wurde von der Schwedischen Notenbank zur Erinnerung an Alfred Nobel gestiftet und 1969 erstmals vergeben. Ursprünglich hatte der schwedische Forscher und Großindustrielle Nobel lediglich Preise in den Bereichen Physik, Chemie, Medizin, Literatur und Frieden vorgesehen.

Der auch wegen der nachträglichen Stiftung umstrittene Wirtschaftspreis wird von der Nobel-Stiftung offiziell nicht als Nobelpreis eingestuft. Er heißt daher "Preis der Reichsbank Schwedens für die ökonomische Wissenschaft zum Andenken an Alfred Nobel" (1833-1896).

Vorjahressieger Jean Tirole

Die Auszeichnung ging bisher überwiegend an Ökonomen aus den USA. 2014 gewann der Franzose Jean Tirole den Preis. Unter den bisherigen Preisträgern befindet sich mit dem Bonner Spieltheoretiker Reinhard Selten erst ein deutscher Wissenschaftler.

Traditionell treffen sich viele der noch lebenden Preisträger alle drei Jahre in Deutschland - zuletzt im August 2014: Bei einer mehrtägigen Tagung diskutierten sie in Lindau am Bodensee mit Hunderten Nachwuchsökonomen über die verschiedensten Aspekte der Volkswirtschaftslehre.