Wolfgang Eder ist derzeit auf so etwas wie einer Voestalpine-Wahlkampftour. Das 20jährige Börsejubiläum, die Vorzeigeprivatisierung des einstigen Milliardengrabs der Verstaatlichten Industrie muss in Zeiten enormer Unzufriedenheit führender Wirtschaftskapitäne über Österreichs Reformunfähigkeit genutzt werden.

Eder wird nicht müde, vor der Abwanderung wichtiger Industriezweige zu warnen. Über Vieles, was in Österreich passiert - oder eben nicht - will er aber nicht einmal mehr ein paar Worte verlieren, "weil es sinnlos ist". In Wien zeigte er auf, was diese Einschätzung für den Konzern bedeutet und wohin die Reise mittelfristig geht.

"Mexiko ist wie das neue Detroit"

Ganz neu ist die deutliche Ausrichtung des längst zum Hightechunternehmen mutierten Stahlkonzerns auf den wachsenden nordamerikanischen Markt ja nicht, Tempo und Ausmaß könnten aber doch noch etwas größer werden, als bisher genannt. "Wir investieren massiv in Nordamerika," so Eder. In drei Jahren soll der Umsatz von 980 Millionen Euro auf rund drei Milliarden Euro in die Höhe schnellen. Spannend ist dabei der verstärkte Fokus auf Mexiko, wo die Voestalpine nach ähnlichem Muster wie in den USA in die Autoteilezulieferung einsteigen will. Mexiko ist Eder zufolge einer der wichtigsten Zukunftsmärkte des Kontinents. "So etwas wie das neue Detroit." Mexiko habe Brasilien zweifellos den Rang abgelaufen.

Die Investitionen sind noch nicht annähernd fixiert, die Absichtserklärung aber glasklar: "Wir werden da dabei sein." Die US-amerikanische Autoindustrie verlagert derzeit Produktionskapazitäten nach Mexiko. Eder zufolge ist die Voestalpine als Lieferant etwa für General Motors oder Ford in intensiven Verhandlungen, erste Abschlüsse könnte es schon in einem halben Jahr, spätestens aber in einem Jahr geben. Der technische Vorsprung der Composite-Karosserieteile der Voestalpine-Division Metal Forming sei so groß, dass man im amerikanischen Markt nicht nur der erste, sondern auf lange Sicht der einzige Anbieter dieser Hightech-Produkte sei.

Derzeit liefert die Voestalpine diese hochfesten Karosserieteile in den USA aus einem Werk in Cartersville bei Atlanta an die deutschen Premiumhersteller. Der Standort wird gerade in mehreren Stufen erweitert. In fünf Jahren soll Cartersville deutlich mehr als 100 Millionen Euro Umsatz einspielen.

Konjunktur spielt nicht wie erhofft

Insgesamt stellt sich der Konzern derzeit aber darauf ein, das bis 2020 mit 20 Milliarden Euro ehrgeizig gesteckte Umsatzziel - zuletzt waren es elf Milliarden - möglicherweise nicht zu erreichen. Die erhoffte Konjunkturerholung sei nicht eingetroffen.

Einmal mehr strich Eder die Bedeutung der neuen HDI-Eisenschwammerzeugung in den USA hervor. Mit ihren günstigen Energiekosten, der CO2-sparenden Technologie sichere sie für zehn Jahre die österreichischen Stahlproduktionen in Linz und Donawitz ab. Das 550 Millionen teure Werk - die mit Abstand größte Investition der vergangenen Jahre - ist derzeit noch eine Baustelle mit 2000 Arbeitern, soll aber noch heuer in den Testbetrieb gehen. Die ersten Lieferungen des vorbehandelten Eisenschwamms sollen im ersten Quartal 2016 erfolgen. Über das Tempo im Genehmigungsverfahren, das teils aufwendiger als in Europa, jedenfalls aber offener sei, zeigt sich Eder nach wie vor beeindruckt. "Wir haben dort nach nur eineinhalb Jahren die Klarheit und Sicherheit gehabt, dass wird das bauen dürfen."