Wifo-Chef Karl Aiginger kann der Forderung nach einer Reduktion der Arbeitszeit durchaus etwas abgewinnen - aber nur, wenn die Leute dann auch entsprechend weniger verdienen. "Es sollte jedenfalls dort eine Reduktion der Arbeitszeit geben, wo besonders viel gearbeitet wird", sagte der Ökonom am Sonntag in der ORF-"Pressestunde.

Fast eine Million Menschen in Österreich wollten weniger arbeiten. "Warum soll man das nicht gestatten, wenn es gleichzeitig mit Lohneinbußen verbunden ist?", so Aiginger. Das sei sicherlich keine "gefahrlose Strategie", weil die Menschen, die weniger verdienen, dann weniger ausgeben. "Aber es ist auch keine richtige Strategie, wenn man die Burnout-Kosten bezahlen muss."

6. Urlaubswoche unbezahlt

Bei der Diskussion über die Flexibilität sei hierzulande etwas "schiefgelaufen". Aiginger plädiert für eine "symmetrische Flexibilität". Es seien "alle besser dran, wenn die Industrie die Arbeitszeit nach der Nachfrage verändern kann und Arbeitnehmer sich ihre Arbeitszeit etwas einteilen können." Das sei heute nicht der Fall. Wenn sich etwa Männer ein Vaterjahr nehmen wollen, würden sie nach wie vor als "Softie" angesehen, kritisierte der Ökonom.

Zur sechsten Urlaubswoche meinte Aiginger, dass die Industrie dagegen sei, weil sie darin "die 150. Steigerung der Lohnnebenkosten sehe. Gegen eine unbezahlte sechste Urlaubswoche hätte Aiginger nichts. Er würde eine Rückkehr zum "alten Modell" goutieren, in dem Arbeitnehmer zwischen einer höheren Lohnsteigerung oder einer Arbeitszeitverkürzung wählen können.

Lohnnebenkosten zu hoch

Zum wiederholten Mal sprach sich der Wifo-Chef für eine Senkung der Lohnnebenkosten aus. "Der Faktor Arbeit ist zu teuer." Das führe dazu, dass es zu wenig Beschäftigung gibt oder Menschen schwarz arbeiten, so Aiginger. Schon bei niedrigen Löhnen gebe es eine große Kluft zwischen Brutto und Netto. Das Geld für eine Lohnnebenkostensenkung könnte sich der Staat etwa über die Erhöhung der Tabaksteuer holen, schlägt Aiginger vor. Denn so üppig, dass man auf die Einnahmen verzichten könnte, sei das Staatsbudget nicht.

Österreichs Wirtschaft sieht Aiginger derzeit auf der "Kriechspur". "Wir haben ein Wettbewerbsproblem" - nicht heute, wo die Leistungsbilanz noch einen Überschuss von 5 Mrd. Euro aufweise, "aber es wird schwieriger", konstatierte der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung.