Dänische Ameisen, Bienenlarven-Tostadas und eine Sauce aus Grillen und Grashüpfern: kein alltäglicher Speiseplan, schon gar nicht für Europäer. Genau dieses Menü ist jedoch diese Woche im Europaparlament in Brüssel serviert worden. Bei der Veranstaltung mit dem Thema "Was werden wir im Jahr 2025 essen?" wurden zudem die geplanten Änderungen der EU-Verordnung über neuartige Lebensmittel debattiert.

"Ameisen schmecken nach Ameisen und Zitronen nach Zitronen", sagte Koch Roberto Flore und plädierte damit für vielfältige Geschmackserlebnisse in der Gastronomie. Es sei wichtig, "wie wir in Zukunft bewerten, was 'essbar' ist", betonte der Italiener und servierte den Seminarteilnehmern und Journalisten zwei Sorten dänische Ameisen mit etwas Grünzeug auf einem Löffel. Nach dem Zerbeißen der kleinen Tiere erinnerte die Säure auf der Zunge tatsächlich an Zitrusfrüchte. "Aber auch die beiden Ameisenarten unterscheiden sich geschmacklich deutlich voneinander", betonte Flore.

Bienenlarven-Tostada

Flore ist Chefkoch des Nordic Food Lab in der dänischen Stadt Frederiksberg. Die Non-Profit-Organisation forscht in Richtung Lebensmittelvielfalt. "Ich komme aus Sardinien, einem der wenigen Orte in Europa, wo die Tradition, Insekten zu essen, noch erhalten wird", sagte der Italiener, der sich geehrt fühlte, als erster im EU-Parlament Insekten servieren zu dürfen. Das kalte Menü wurde am Vortag in der Parlamentsküche zubereitet. "Standardregeln wie das Abwaschen und Abkochen der Produkte werden selbstverständlich auch bei Insekten eingehalten", beruhigte Flore.

Als zweiter Gang wurde eine Bienenlarven-Tostada in mundgerechter Größe gereicht. Die Drohnenlarven wurden von den Küchenhelfern zwischen zwei knusprigen Getreidetortillas angerichtet und unter die neugierigen Gäste gebracht. Zumindest optisch weniger Überwindung als der saftige Proteinsnack kostete die folgende Sauce aus Grillen und Grashüpfern beim Probieren. "Wenn wir einen Grashüpfer essen wollen, dann müssen wir die harten Dinge - wie Beine und Flügel - entfernen, wir schälen ja auch ein Ei, bevor wir es essen", meinte Flore. Von den Tieren war in der kleinen Schüssel nichts mehr zu sehen außer der gelblichen Sauce, für die das Eiweiß der Insekten und von Soja extrahiert und sechs Monate lang fermentiert wurde - ähnlich wie beim traditionellen indonesischen Sojabohnengericht Tempeh, erklärte Flore. Das ergab eine fruchtige Brühe mit dem Nachgeschmack von Sojasauce.

Ameisen-Gin

Zum Abschluss präsentierte Flore "das erste kommerzielles Produkt des Nordic Food Lab" - Ameisen-Gin. In jeder 700-ml-Flasche des säuerlichen Alkohols befinden sich Essenzen von rund 62 Waldameisen. Die erste Serie von 99 Flaschen wurde für einen Stückpreis von 250 Euro verkauft.

Zukunftsträchtig könnten Algen und Algenprodukte in Lebensmitteln sein, wie die mit dem Thema beschäftigte Wissenschafterin Imogen Foubert von der Universität Leuven in Belgien erläuterte. Dabei gehe es vor allem um die darin enthaltenen langkettigen Omega-3-Fettsäuren, die der menschliche Körper benötigt. "Wir essen zu wenig Fisch", betonte sie. "Fisch ist so reich an Omega-3, weil er sich von Algen ernährt. Es ist also durchaus logisch für den Menschen, in der Nahrungskette einen Schritt nach unten zu gehen und gleich die Algen zu essen." Außerdem gebe es nicht genug Fische, um alle Menschen mit ausreichend Omega-3 zu versorgen, meinte Foubert im Gespräch mit der APA.

Algen-Pulver

Auch für Vegetarier und Menschen, die nicht gerne Fisch essen, empfahl die Forscherin Algen als Nahrung oder Lebensmittelzusatz. Eine der drei Hauptverarbeitungsmöglichkeiten sei es, die Algen zu trocknen und zu grünem Pulver zu verarbeiten. Dieses kann als Zutat für Nahrungsmittel, wo die grüne Farbe optisch nicht stört, dienen - beispielsweise in Smoothies oder Saucen. Zweitens lässt sich das Öl aus den Algen extrahieren und weiterverarbeiten und drittens können Nutztiere mit Algenprodukten gefüttert werden, sodass ihr Fleisch verstärkt Omega-3-Säuren beinhaltet, die vom Menschen beim Essen aufgenommen werden, erläuterte Foubert.

Der Ansicht von Chefkoch Flore nach soll das Essen der Zukunft "geschmackvoll und gesund sein". Er koche zwar mit neuen Techniken, aber mit "zu hundert Prozent lokalen Zutaten", hob der Chefkoch hervor. Forschung sei außerdem "das erste, was gemacht werden muss, bevor solche neuen Produkte auf den Markt gebracht werden". Foubert hofft durch Neuerungen in der Novel-Food-Verordnung auf Schwung für Innovationen in der Lebensmittelindustrie und gesündere und nachhaltigere Produkte.