Die EU-Kommission will den Investorenschutz im geplanten Freihandelsabkommen mit den USA neu verhandeln. Streitfälle sollen demnach künftig in öffentlichen Anhörungen vor einem neuen Handelsgerichtshof verhandelt werden, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Mittwoch in Brüssel.

Die Urteile würden öffentlich berufene Richter fällen. "Niemand kann sagen, dass das eine Privatjustiz ist", betonte Malmström. Vor allem in Bezug auf das geplante Handelsabkommen mit den USA (TTIP) hatte es heftige Kritik am bisher vorgesehenen System von Schiedsstellen gegeben, vor denen Investoren gegen nationale Gesetze vorgehen könnten.

Bilateraler Gerichtshof

In ihren Vorschlägen empfahl Malmström zudem die Errichtung von Berufungsgerichten nach dem Vorbild entsprechender Instanzen bei der Welthandelsorganisation (WHO). Die Möglichkeiten für Investoren vor die Gerichte zu ziehen, sollen genau definiert werden.

Als erster Schritt soll demnach ein bilateraler Gerichtshof zwischen den USA und der EU eingerichtet werden. Sobald der Vorschlag der EU-Kommission mit den EU-Staaten und dem EU-Parlament abgestimmt ist, sollen die Pläne laut Malmström mit den USA verhandelt werden. In einem zweiten Schritt soll dann der Aufbau von Handelsgerichten für Investoren folgen. Dies brauche aber Zeit, sagte Malmström.

Greenpeace lehnt Vorschlag ab

Die Vorgabe der öffentlichen Gerichtshöfe sollen in alle künftigen Handelsabkommen der EU mit anderen Staaten einfließen. Das bereits verhandelte Abkommen mit Kanada (Ceta) soll laut Malmström aber nicht neu aufgerollt werden. Die schwedische EU-Kommissarin hatte bereits im Frühjahr die Idee des deutschen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel aufgenommen, neue Gerichtshöfe für Handelsfragen zu schaffen.

Der Vorschlag Malmströms stößt bei Greenpeace auf Ablehnung. "Der Reformvorschlag sieht lediglich kosmetische Verbesserungen vor und lässt die Hauptkritikpunkte unberührt", so die Kritik der Umweltschützer. Demnach könnten Konzerne weiterhin gegen unliebsame staatliche Regulierungen vorgehen. 

Weniger kritisch gibt sich die SPÖ-Europaabgeordnete Karoline Graswander-Hainz: "Es handelt sich dabei um das bisher umfangreichste Zugeständnis der liberalen Handelskommissarin, das nur auf Druck von uns SozialdemokratInnen und der BürgerInnen zustande gekommen ist." Vorsicht sei aber weiterhin angebracht.

Zustimmung für den Malmström-Vorschlag deutet Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehener (ÖVP) an. Die Vorschläge "gehen auf Basis einer ersten Bewertung des Wirtschaftsministeriums in die richtige Richtung". Sie würden mehr Rechtsstaatlichkeit und Transparenz bringen.

Freihandelszone mit 800 Millionen Menschen

Mit dem geplanten Freihandelsabkommen wollen die EU und die USA die größte Freihandelszone der Welt mit 800 Millionen Menschen schaffen. Durch den Wegfall von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll es auf beiden Seiten des Atlantiks mehr Wachstum geben.

Konsumenten- und Umweltschützer fürchten allerdings, dass europäische Standards gesenkt werden könnten. Die Gespräche über TTIP laufen seit Mitte 2013. Wann sie abgeschlossen werden können, ist unklar. Ursprünglich sollte ein Rahmen für das Abkommen bereits Ende dieses Jahres stehen. Dieser Termin gilt als nicht mehr haltbar.