Im parlamentarischen Hypo-U-Ausschuss steht heute, Mittwoch, die Befragung von zwei Auskunftspersonen auf dem Programm: Ex-Hypo-Chefforensiker Christian Böhler und Ex-Hypo-Leasing-Vorstand Josef Kircher sollen den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.

Das frühere Vorstandsmitglied bei der ehemaligen Hypo Alpe Adria, Josef Kircher, hat in seiner Erstbefragung durch Verfahrensrichter Walter Pilgermair im Hypo-Untersuchungsausschuss vorerst wenig Erinnerungen gezeigt. Zum Themenkomplex Hypo-Consultants machte Kircher vom Entschlagungsrecht Gebrauch, da er als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren zum Consultants-Verkaufspreis geführt werde.

"Erst kurz vor Öffentlichkeit davon erfahren"

Auch von den Swap-Verlusten aus 2004 habe er "erst kurz vor der Öffentlichkeit" 2006 erfahren. Für den Posten als Leasingvorstand - Kircher war schon ab 1996 bis 2001 Geschäftsführer der Hypo-Leasinggesellschaft gewesen - habe er sich überhaupt erst beworben, nachdem ihm das vom Konzernvorstand bzw. -aufsichtsrat nahegelegt worden sei. "Offenbar wollte man die Stelle intern nachbesetzen", sagte Kircher, der von 2004 bis 2006 Vorstand bei der Hypo Leasing Holding war. Von 2005 bis 2008 war er auch Vorstand bei der Hypo International selbst. Neben dem Leasing verantwortete Kircher hier im Vorstand Marktfolge- bzw. Risikoagenden, wie er ausführte. Die Risikoagenden gab er im Oktober 2007 ab, um den Marktbereich zu übernehmen.

Mit den Eigentümern habe er praktisch nur in Aufsichtsratssitzungen bzw. Hauptversammlungen zu tun gehabt, machte Kircher seine Rolle eher klein. Verschiedene Regulative seien in Absprache mit den Wirtschaftsprüfern und auch Notenbankprüfern, "die zu meiner Zeit fast ständig im Haus waren", immer vorgenommen worden. Aber auch hier sei er nur Ansprechpartner "für gewisse Kreditengagements und Beteiligungen" gewesen.

Beim Einstieg sei man natürlich interessiert daran gewesen "von der großen BayernLB Risikotools Schritt für Schritt zu übernehmen", meinte Kircher. Auch die ersten Fragen von Parlamentariern brachten wenig Erhellendes.

Zwist um Ex-Forensiker

"Es ist verwunderlich, dass der Wille zur Aufklärung so gering ist. Die Wahrheit ist dem Steuerzahler zumutbar." Diese Kritik an seiner Nicht-Entbindung durch die staatliche Hypo-"Bad-Bank" Heta hat der frühere Hypo-Chef-Forensiker Christian Böhler am Mittwoch im Rahmen des Hypo-Untersuchungsausschusses geäußert. Scharfe Kritik an der Nicht-Entbindung kam von den Grünen, Neos und auch von der FPÖ.

"Das ist perfide"

"Perfide" nannte Neos-U-Ausschuss-Mann Rainer Hable neuerlich das Vorgehen der Heta, Böhler zuerst anzuzeigen und diesen dann mit Verweis auf laufende Ermittlungen nicht von der Verschwiegenheit zu entbinden. Böhler hatte Mails mit Hypo-relevantem Inhalt in seiner Funktion als Forensiker an eine private Mail-Adresse weitergeleitet und ist inzwischen für die Neos als Berater und in der Steiermark auch als stellvertretender Landessprecher tätig.

Böhler sagte, der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft, der wie berichtet im Justizministerium liegt, sehe die Einstellung des Verfahrens vor.

Grünen-Vertreter Werner Kogler sagte zur Nicht-Entbindung seitens der Hypo-Abbaugesellschaft, es handle sich dabei um "eine fortgesetzte inferiore Begründung der Heta". Auch sprach Kogler von einem "Gipfel der Impertinenz, dass die Heta mit Medien, nicht aber mit dem Parlament redet", da die Heta der APA auf Anfrage eine Begründung zur Nicht-Entbindung zukommen hatte lassen.

"Das wird ein Nachspiel haben"

Neos und Grüne waren sich einig, dass das Heta-Vorgehen "ein Nachspiel" haben müsse, wollten - dazu ist aber zumindest die FPÖ als mitstimmende Fraktion nötig - wenn möglich den aktuellen Heta-Vorstand vor den Untersuchungsausschuss laden. Sie wollten das Vorgehen der Heta jedenfalls nicht akzeptieren.

Böhler sagte vor Journalisten in einer kurzen nicht-medienöffentlichen Phase des U-Ausschusses, dass "es sinnvoll wäre, wenn man Leute, die zur Aufklärung beitragen können, entbindet. Ich wäre dafür, selbstverständlich". Vor den Abgeordneten sagte er: "Für mich als Ermittler ist es unbegreiflich, dass das größte Systemversagen mit dem größten Schaden für die österreichische Gesellschaft so lange versteckt und vertuscht worden ist."

"Womöglich zu unbequem"

Böhler hätte Wissen zu praktisch allen kritischen Hypo-Projekten, bei denen Geld in den Sand gesetzt wurde, konnte dazu aber wegen der Nicht-Entbindung nichts sagen, wie aus dem Fortgang der Befragung hervorging.

Da der Ex-Ermittler nicht entbunden war, gab es oftmals Antworten, die so aussahen, wie jene zur Frage, warum er gekündigt wurde, wem er womöglich zu "unbequem" geworden sei, wie Böhler gegenüber Medien einmal angedeutet hatte: "Gute Frage - Sie müssen verstehen, auch wenn ich keine Namen nenne, bin ich der Gefahr ausgesetzt, geklagt zu werden. Manche Personen fühlen sich - warum auch immer - angesprochen. Es gibt zwei wesentliche Zeitpunkte im Leben eines Ermittlers: Entweder man weiß zu viel, oder man weiß zu wenig. Mehr kann ich dazu im Detail nicht sagen."

Warnungen aus der Bank

Auch wenn Böhler alles, was er sagte, also allgemein hielt, einige Ausführungen ließen doch sehr tief blicken. So sagte Böhler, dass es "Involvierte im System Hypo am Balkan, wo die Bank über Jahre wuchs, gab, die halt nicht irgendwelche waren, sondern mächtige Leute mit Einfluss in allen Bereichen. Mit dem System Hypo haben sie sich etwas geschaffen. Wenn jetzt Aufklärer aus Österreich kommen und kritische Fragen stellen, macht das rasch die Runde. In Montenegro, Belgrad oder Zagreb gibt es gut funktionierende Systeme, da kommt man noch nicht mal in der Bank an und die wissen schon, dass man da ist. Da wird einem indirekt schon vermittelt, es wäre besser, man beschränkt seinen Reisebereich auf Österreich - und nach Kroatien kommt man maximal wegen kulinarischer Herausforderung", so Böhler. Die Frage der Grünen, ob er auch aus der Bank heraus "gewarnt" worden sei, beantwortete er nach längerem Überlegen mit "Ja".

Kolportierte Geschäfte zwischen der Hypo Alpe Adria bzw. dem früheren Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und dem Gaddafi- bzw. Hussein-Clan haben laut dem Ex-Hypo-Chef-Forensiker Christian Böhler "nicht eindeutig" nachgewiesen werden können - ausschließen wollte er solche aber nicht.

"Glocke der Verschwiegenheit umgehängt"

"Ich habe mir letzte Mails vom Blackberry weitergeleitet, um in etwaigen arbeitsrechtlichen Verfahren etwas in der Hand zu haben", sagte Böhler auf eine Frage zu jenen Hypo-relevanten Mails, die er sich selbst auf einen privaten Account weitergeleitet hatte - und wegen denen er von der Heta angezeigt wurde. Worum es in den Mails konkret ging? "Versetzen Sie sich in meine Lage", bat Böhler. "Wenn man diese Glocke der Verschwiegenheit umgehängt bekommt, dann ist man als einzelner Staatsbürger dem mächtigen System ausgeliefert."

"Keine meiner Antworten sind vorbereitet", sagte Böhler auf ÖVP-Nachfragen mit Erinnerung an die Wahrheitspflicht zu seiner Beratertätigkeit für die Neos im U-Ausschuss. Auf die Frage, ob er, Böhler, Unterlagen an die Neos weitergab, entschlug er sich der Aussage. Schließlich wollte sich auch die ÖVP für eine Entbindung Böhlers einsetzen.

Kircher am Nachmittag

Am Nachmittag sollte noch Josef Kircher, früherer Hypo-Leasingvorstand, als Auskunftsperson im U-Ausschuss Rede und Antwort stehen. Einmal hatte er sich bereits aus terminlichen Gründen entschuldigen lassen. Der frühere Bankvorstand hat im Hypo-Zusammenhang bereits eine einjährige unbedingte Strafe wegen Untreue verbüßt und trägt seit heuer April keine Fußfessel mehr.