Der Bauernbund ortet angesichts des Preisverfalls bei Milch und Schweinefleisch ein "totales Marktversagen" und fordert von der heimischen Regierung die Einrichtung einer unabhängigen Agrarmarkt-Control zur Marktüberwachung. "Mit durchschnittlich 30 Cent Bauernmilchgeld produzieren die österreichischen Milchbauern derzeit auf Verlust", sagte Bauernbund-Präsident Jakob Auer am Mittwoch in Wien.

Auer forderte einen Milch-Erzeugerpreis von mindestens 40 Cent/kg netto, damit die österreichischen Bauern kostendeckend produzieren können. Beim Schweinefleisch sei der Preis für Bauern mit 1,30 Cent je Kilo auf einem Sieben-Jahres-Tief. "Wir werden vom deutschen Markt völlig überschwemmt." Der Bauernbund-Chef warnte angesichts der Preisentwicklung vor einer Pleitewelle bei Milch- und Schweinebauern. "Bei derart ruinösen Preisen ist die Zukunft vieler österreichischer Bauern wirklich in Gefahr. Kein Wirtschaftszweig könnte das durchhalten."

Bis Jahresende

Die neue Agrarmarkt-Control soll bis Jahresende eingerichtet werden und "mehr Transparenz in die Preisbildung" in der Wertschöpfungskette bei Milch, Fleisch, Getreide und Gemüse bringen, forderte Auer. "Wo bleibt das Geld." Die Bauern und Verarbeiter würden unter dem harten Preisdiktat der Handelsketten leiden. "Der Lebensmittelhandel diktiert die Preise nach unten", kritisierte der Bauernbund-Chef. Das neue Kontrollinstrument Agrarmarkt-Control sei notwendig, um eine "gerechte Beurteilung der Kosten" durchzuführen. Die E-Control, die in Österreich den liberalisierten Strommarkt überwacht, soll als Vorbild dienen.

Spar, Rewe (u.a. Billa, Merkur, Penny) und Hofer hatten 2014 einen Marktanteil im Lebensmitteleinzelhandel von 85 Prozent in Österreich. Zum Vergleich: Vor 40 Jahren hielten die drei großen Supermarktketten - Konsum, KHG, Spar - nur einen gemeinsamen Marktanteil von 43 Prozent.

Berg- und Talfahrt

Die Milchpreis-Entwicklung in Österreich gleicht in den vergangenen Jahren einer Berg- und Talfahrt. Der Milchpreis erreichte einen Höhepunkt im Jänner 2008 mit 40,5 Cent/kg. Im Zuge der Wirtschaftskrise 2008/09 stürzte er auf 24,7 Cent/kg im Juli 2009 ab. Dann kletterte der Milchpreis bis Anfang 2014 wieder auf 42 Cent. Aktuell liegt er nun wieder bei 30 Cent.

Seit April gilt das jahrzehntelange Milchquotensystem nicht mehr. Seitdem schreibt die EU den Bauern nicht mehr vor, wie viel sie produzieren dürfen. Jetzt ist zu viel Milch auf dem Markt und das Überangebot drückt den Preis. Hinzu kommt Russlands Einfuhrverbot für europäische Milchprodukte, der russische Markt ist damit europäischen Landwirten derzeit verschlossen. Auch in China ist die Nachfrage nach Milch aus Europa verhalten.

Auer forderte von der heimischen Politik und den EU-Agrarministern, die sich am 7. September in Brüssel treffen, umgehende Maßnahmen um die Krise am Milch- und Schweinemarkt zu entschärfen. Er wolle lieber Lösungen als Bauern-Demonstrationen wie in Frankreich.