Der Ölpreis stürzt weiter ab - Autofahrer und Verbraucher profitieren vom Einbruch der Rohstoffkosten aber nach wie vor nur teilweise beim Tanken oder Einkaufen. Seit Juni wurde Erdöl - wieder einmal - deutlich billiger. Von seinen Jahres-Höchstständen jenseits der 65 Dollar sackte der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent Anfang dieser Woche unter die Marke von 50 Dollar (45,66 Euro).

Da hatte er zwar auch im Jänner schon einmal gestanden, ehe er sich etwas fing und hoch arbeitete. Doch diesmal könnte der Weg noch weiter nach unten führen: Der Ölpreis ist nur noch halb so hoch wie vor einem Jahr - und hat wieder das Niveau von 2009 erreicht.

Ende der Hochpreisphase

Die mehrjährige Hochpreis-Phase mit Notierungen jenseits der 100 Dollar dürfte für längere Zeit vorbei sein. "Es gibt im Moment sehr wenig Anzeichen, dass es einen steilen Preisanstieg auf 70 Dollar geben könnte", sagt der Hamburger Energieexperte Steffen Bukold.

Gerade kommen mehrere Faktoren zusammen, die auf die Preise drücken. Die Länder des OPEC-Kartells produzieren so viel Öl wie noch nie. In den USA ist der Fracking-Boom keineswegs gebrochen. Und der Iran steht in den Startlöchern, um zusätzliche Ölmengen auf den Markt zu bringen. "Der Iran wird zu jedem Preis verkaufen", schätzt Bukold.

Überproduktion

Auf der anderen Seite lahmt die Nachfrage. Chinas Industrie verliert an Wachstumstempo, aus den USA kommen verhaltene Konjunktursignale. Nicht nur Rohöl, sondern fast alle industriellen Rohstoffe werden gegenwärtig billiger. Die Experten der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris schätzen die globale Produktion von Rohöl gegenwärtig auf 95 Millionen Barrel pro Tag, die weltweite Nachfrage aber nur auf 93 Millionen Barrel. Diese Überproduktion drückt die Preise.

Einerseits schlagen sich die günstigen Rohöl-Notierungen am Ende zum Beispiel oft in günstigeren Sprit- und Dieselpreisen nieder. Viele Vor- und Zwischenprodukte aus der Chemie könnten ebenfalls billiger werden. Doch wenn die Rohstoffpreise weiter derart sinken, müssen etliche Firmen auch Gewinnziele kappen und Investitionen drosseln.

Schwacher Euro

Beim Verbraucher kommt dies nicht unbedingt in vollem Umfang an, weil auf den Märkten noch andere Faktoren eine Rolle spielen. Am stärksten wirkt der Wechselkurs zwischen Euro und Dollar. Vor einem Jahr bekam ein Ölhändler noch 1,34 Dollar für einen Euro, jetzt nur noch 1,10 Dollar. Daher ist der Ölpreis-Rückgang in Euro weniger ausgeprägt. Zum anderen gibt es bei Benzin und Diesel unterschiedliche Trends: Während Benzin weltweit stark gefragt ist und sogar von Europa in die USA exportiert wird, herrscht bei Diesel gegenwärtig ein Überangebot.