Gut Ding braucht Weile oder: Die Mühlen des Gesetzes mahlen langsam, im konkreten Fall rekordverdächtige 19 Jahre und drei Monate. Am 3. Februar 1994 flatterte der steirischen Wirtschaftskammer ein feuerpolizeilicher Bescheid der Stadt Graz ins Haus, wonach die Kammer mehrere Auflagen (wie die Errichtung von Brandmelde- und Löschanlagen) zu erfüllen habe. Die Kammer berief dagegen – und musste bis 2. Mai 2013 warten, ehe die Sache durch die Instanzen gewandert und der Berufung Folge geleistet worden war.

2. Mai 2013: Bescheid hebt einen Bescheid vom 3. Februar 1994 auf
2. Mai 2013: Bescheid hebt einen Bescheid vom 3. Februar 1994 auf © KK

Das Schmankerl ist schon zwei Jahre alt, aber immer noch Wasser auf die Mühlen von Josef Herk. Der wiedergewählte steirische WK-Boss positioniert sich seit dem Wahlkampf um die WK als Speerspitze gegen „ausufernde Bürokratie“ und rief die Online-Plattform „Schluss mit Schikanen“ ins Leben. 71 „Bürokratie-Fälle“ wurden der Kammer in drei Monaten gemeldet, zogen Herk und die Grazer Regionalstellenobfrau Sabine Wendlinger-Slanina gestern Zwischenbilanz. Das häufigste Problem sei die Abgrenzung zwischen selbstständiger und unselbstständiger Arbeit – und in der Folge existenzbedrohende Nachzahlungen an die GKK. Die dort eingerichtete Schlichtungsstelle für solche Fälle sei zahnlos, kritisieren Herk und Franz Schrank, Rektor der FH Campus 02 und Jurist.

241.000 Euro Nachzahlung

Weil ihm die GKK ein „verstecktes Dienstverhältnis“ attestiert hat, zahlte ein IT-Unternehmer 241.000 Euro an Sozialabgaben nach – und meldete in der Folge Konkurs an. „Der Arbeitnehmerbegriff ist zu schwammig“, kritisiert Schrank und fordert mehr Rechtssicherheit für Kleinunternehmer. „Arbeiten die gleichen Selbstständigen häufig zusammen, ist das sehr riskant, da dies bei Prüfungen oft in eine Abhängigkeit umgedeutet wird.“

Schrank und die WK Steiermark arbeiteten einen Lösungsvorschlag aus, der einen Rückwirkungsschutz vorsieht. Konkret sollen Versicherte nicht im Nachhinein in die ASVG-Versicherungspflicht einbezogen werden, wenn die Beiträge korrekt an die gewerbliche Sozialversicherung bezahlt wurden. Das würde horrende Nachzahlungen an die GKK ersparen. Die Steirer deponierten ihren Vorschlag bei der Bundeskammer in Wien und hoffen auf eine Realisierung durch die Politik.