Der US-Internetversandhändler Amazon versteuert seine in Deutschland erwirtschafteten Gewinne seit neuestem in Deutschland. "Seit 1. Mai verbucht Amazon seine deutschen Verkäufe nicht mehr wie bisher in Luxemburg, sondern in Deutschland", sagte ein Sprecher der "Süddeutschen Zeitung".

Wichtiges Signal

Er begründet die Umstellung nicht mit der wachsenden Kritik an der Konzernpraxis. "Wir überprüfen regelmäßig unsere Firmenstrukturen, um sicherzustellen, dass wir unsere Kunden bestmöglich bedienen können", sagte der Sprecher vielmehr. Offen bleibt indes, ob und wie kräftig es beim deutschen Fiskus in der Kasse klingelt.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans sieht die Ankündigung von Amazon skeptisch. Sie sei ein erstes wichtiges Signal. "Nicht weniger, aber auch nicht mehr." Denn bei der Frage, wie Gewinne ausgewiesen und den Standorten in unterschiedlichen Staaten zugerechnet werden, gebe es noch viel Raum für kreative Steuergestaltung, sagte er laut Mitteilung in Düsseldorf. Hier sei aber nicht nur das Unternehmen, sondern auch die europäische Politik gefordert, "die noch viel zu viele Hintertüren bietet".

Die Ausnutzung von Steuervorteilen bei multinationalen Konzernen ist der EU-Kommission seit längerem ein Dorn im Auge. Neben Luxemburg hat Brüssel wegen extrem lukrativer Steuervorteile für internationale Großkonzerne auch Irland und die Niederlande im Visier. Spektakulärster Fall ist eine Untersuchung gegen die Steuermodelle in Luxemburg ("Luxleaks"). Konzerne haben dort zum Teil Steuersätze von weniger als einem Prozent auf die nach Luxemburg verlagerten Gewinne erhalten. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker steht dabei unter Druck, weil er dort 18 Jahre lang Regierungschef war. Als Präsident der EU-Kommission hat er nun Steuersparmodellen den Kampf angesagt.

Steuerschlpflöcher schließen

Auch auf der Ebene der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) und der Industriestaaten-Organisation OECD wird daran gearbeitet, Steuerschlupflöcher zu stopfen. Amazon investiert traditionell massiv in den Ausbau des Geschäfts und fährt deshalb bestenfalls schmale Gewinne ein. Weltweit fuhr Amazon bei einem Umsatzplus von 20 Prozent auf 89 Mrd. Dollar (79,7 Mrd. Euro) einen Verlust von 241 Mio. Dollar ein, nach einem Gewinn von 274 Mio. Dollar ein Jahr zuvor.

Für Deutschland veröffentlichte Amazon nur Zahlen zur Umsatzentwicklung im gesamten Jahr. Die Erlöse wuchsen demnach um gut 13 Prozent auf 11,92 Mrd. Dollar. Amazon erklärte die Zahlen nicht weiter, so das offen bleibt, ob hierzulande überhaupt steuerpflichtige Gewinne anfallen. Auch im ersten Quartal 2015 arbeitete Amazon wieder mit Verlust. Es gab ein Minus von 57 Mio. Dollar nach einem Gewinn von 108 Mio. Dollar vor einem Jahr. Der Umsatz wuchs um 15 Prozent auf 22,72 Mrd- Dollar.