Die Geldnot in Athen wird immer prekärer - und das Thema einer Schuldenreduzierung kommt wieder auf den Tisch. Auslöser der Debatte war am Dienstag ein Bericht der "Financial Times", demzufolge der Internationale Währungsfonds (IWF) gegenüber den Euroländern auf einen weiteren Schuldenschnitt zugunsten des Krisenlandes gepocht haben soll.

Der IWF wies dies auf Anfrage zwar zurück: Während des Eurogruppentreffens in Riga Ende April habe sich der IWF nicht für einen "großen Schuldenerlass"stark gemacht, wie es in einigen Presseberichten heißt".

Allerdings würde nach Einschätzung des IWF die Notwendigkeit zu "weiteren Finanzhilfen und Schuldenerleichterungen, um die Schulden des Landes tragfähig zu gestalten" in dem Maße wachsen, in dem die 2012 ins Auge gefassten Zielwerte verfehlt werden. Das teilte der IWF am Dienstag in Washington auf Anfrage mit.

In diesem Sinne habe sich der IWF-Europadirektor Poul Thomsen beim Treffen der Euro-Finanzminister Ende April in Riga geäußert.

Staatskassen sind leer

Die griechischen Staatskassen sind leer und im Mai sind noch Milliarden-Zahlungen zu leisten. Die EU-Kommission erwartet für das laufende Jahr nur noch ein geringes Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent und eine Schuldenquote von 180 Prozent der Wirtschaftsleistung - das sind 10 Punkte mehr als noch im Februar angenommen. Die Europäer hatten bei den Hilfsvereinbarungen für Griechenland ursprünglich einmal zugesagt, dafür zu sorgen, dass die Athener Schuldenquote bis 2022 auf unter 110 Prozent sinkt. Erlaubt sind nach den EU-Regeln eigentlich nur 60 Prozent.

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies die Darstellung in dem Medienbericht ebenfalls zurück: "Der IWF hat eine solche Äußerung natürlich nicht getan", sagte er in Berlin. Auch EU-Kreise warnten vor einer neuen Debatte über einen Schuldenschnitt. Zunächst müsse es eine Vereinbarung über die Reformen und den Abschluss des laufenden Hilfsprogramms geben, in dem noch 7,2 Milliarden Euro für Griechenland bereitstehen.

Athen verstärkt Krisendiplomatie

Griechenland hatte bereits einmal seinen Gläubigern einen Schuldenschnitt zugemutet - der damals vor allem private Gläubiger wie Banken traf. Ein erneutes Stutzen der Verbindlichkeiten des hoch verschuldeten Landes würde diesmal vor allem die internationalen Partner, wie die Euroländer und die Europäische Zentralbank (EZB) treffen. Unter Volkswirten stößt die Idee eines Schuldenschnitts für Griechenland auf harten Widerspruch.

In Athen hieß es aus Regierungskreisen, EU und der IWF seien sich uneinig und dies belaste die Verhandlungen. Kurz vor dem wichtigen Euroministertreffen am kommenden Montag (11. Mai) verstärkt Athen nun wieder die Krisendiplomatie: In den wichtigsten europäischen Hauptstädten und bei der EZB in Frankfurt werben die Griechen dafür, von den Geldgebern doch noch rasche Hilfsmilliarden zu erreichen.

"Charmeoffensive"

In EU-Kreisen wurde mit Blick auf die Reise von Finanzminister Gianis Varoufakis und anderer griechischer Vertreter von einer "Charmeoffensive" gesprochen. Aktuell laufen in einem als "Brüssel-Gruppe" bekannten Arbeitskreis Gespräche mit Experten der Geldgeber und Griechenlands. Die "Brüssel-Gruppe" könnte nach tagelangen Beratungen auch am Donnerstag zusammenkommen.

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte bei der Vorstellung des EU-Konjunkturgutachtens, er erwarte bis zu nächsten Eurogruppensitzung "gute Fortschritte". Laut Schäuble ist eine Einigung indes ungewiss: "Ich bin im Augenblick ... einigermaßen skeptisch, ob dies bis Montag zu schaffen sein wird, aber ich schließe es nicht aus."

Auch Varoufakis erwartet keine Einigung innerhalb der nächsten Tage. Beim Treffen der Eurogruppe am kommenden Montag solle aber eine Bilanz der "großen Fortschritte" gezogen werden, die es bei den Verhandlungen zwischen Athen und den Geldgebern gegeben habe, sagte Varoufakis in Brüssel.