Der anhaltend niedrige Rohölpreis setzt den großen Produzenten mächtig zu und erhöht die Bedeutung des Raffinerie-Geschäfts. Sowohl Exxon als auch Royal Dutch Shell büßten im abgelaufenen Quartal etwa die Hälfte ihrer Gewinne ein, wie aus den am Donnerstag vorgelegten Zwischenberichten hervorging. Bei beiden begrenzten andere Sparten den Schaden.

Statoil aus Norwegen traf dagegen die volle Wucht des Preisverfalls. Auch ConocoPhillips wurde deutlich in Mitleidenschaft gezogen.

Hilfe durch Raffinerien

In den ersten vier Monaten des Jahres lag der Preis für einen Barrel der Sorte Brent im Schnitt bei 55 Dollar (50 Euro) und damit etwa halb so hoch wie vor Jahresfrist. Unter diesen Umständen hilft den Produzenten ein starkes sogenanntes Downstream-Geschäft - zum Beispiel Raffinerien, die aus dem Rohöl höherwertige Erzeugnisse wie Benzin herstellen. Deren Preise sind nicht so stark eingebrochen wie die von Rohöl.

"Unsere Ergebnisse spiegeln die Stärke unseres integrierten Geschäfts vor dem Hintergrund niedrigerer Öl-Preise wider", erklärte Shell-Chef Ben van Beurden. Experten bescheinigten auch Exxon, vergleichsweise gut aufgestellt zu sein. "Durch ihr diversifiziertes Geschäftsmodell können sie sich in einem schwächeren Öl-Markt besser behaupten", sagte Analyst Brian Youngberg von der Anlagefirma Edward Jones. Bereits am Dienstag hatten BP und Total gezeigt, dass ihre Raffinerie-Sparten die Gewinnrückgänge abfedern können.

Spekulationen über Übernahmen

Shell gab für das erste Quartal einen Gewinnrückgang auf 3,2 Milliarden Dollar bekannt, Exxon einen auf 4,9 Milliarden Dollar. Beide Ergebnisse lagen jedoch über den Erwartungen von Experten. Statoil zahlte den Preis für sein schwaches Downstream-Geschäft und erlitt einen überraschend hohen Verlust von 4,7 Milliarden Dollar. Ohne Sonderposten rutschte ConocoPhillips mit einem Minus von 222 Millionen Dollar in die roten Zahlen.

Die niedrigen Ölpreise haben Spekulationen genährt, dass es in der Branche zu einer Übernahmewelle kommen könnte. Dies war bereits in den 1990er Jahren der Fall, als die Preise ebenfalls vergleichsweise niedrig waren.

Als Vorbote einer solchen Entwicklung wird auf das 70-Milliarden-Dollar-Angebot von Shell für den Rivalen BG verwiesen. Shell-Finanzchef Simon Henry schloss nun weitere Zukäufe dieser Größenordnung in absehbarer Zeit aus.