Der starke Dollar und der ungewöhnlich strenge Winter haben den Wachstumsmotor der US-Wirtschaft zu Jahresbeginn fast abgewürgt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Jänner bis März auf das Jahr hochgerechnet nur noch minimal um 0,2 Prozent zu, wie das Handelsministerium in Washington am Mittwoch mitteilte. Die weltgrößte Volkswirtschaft stagniert damit quasi.

Mit einem derart starken Einbruch hatte kaum ein Experte gerechnet, zumal die Konjunktur Ende 2014 noch rund lief und die Wirtschaft um 2,2 Prozent zulegte. Eine baldige Zinswende in den USA wird mit den enttäuschenden Daten immer unwahrscheinlicher, da die Notenbank zunächst auf Signale für ein Wiedererstarken der Wirtschaft setzen dürfte.

Euro legte zu

Angesichts der Aussicht auf eine spätere Zinserhöhung legte der Euro deutlich zu - auf 1,1149 Dollar. An der Wall Street gab es lange Gesichter: Zu Handelsbeginn rutschten die Kurse ins Minus. In Frankfurt stürzte der Dax um rund drei Prozent ab. Zu der starken konjunkturellen Abkühlung trug insbesondere das ungewöhnlich kalte Winterwetter im Februar bei, das den Bau wie auch den Einzelhandel beeinträchtigte. Die Konsumausgaben der Amerikaner legten nur um 1,9 Prozent zu - und dies, obwohl viele Verbraucher wegen des niedrigeren Ölpreises eigentlich mehr ausgeben könnten. Zum Vergleich: Ende 2014 waren die Konsumausgaben noch um 4,4 Prozent in die Höhe geschnellt.

Starker Dollar verteuert Exporte

Zudem macht der US-Wirtschaft der Höhenflug des Dollar zu schaffen, der Exporte verteuert. Die Ausfuhren brachen zu Jahresbeginn um 7,2 Prozent ein. In dieser Situation dürfte es sich die US-Notenbank zwei Mal überlegen, die geldpolitischen Zügel schon bald anzuziehen, sagte Ökonomin Ulrike Rondorf vom Bankhaus Lampe: "Sie wird den Leitzins im Juni wohl nur erhöhen, wenn sich bis dahin ein deutlich stärkeres zweites Quartal abzeichnet." Die Federal Reserve sorgt mit ihrer ultralockeren Geldpolitik bereits seit Jahren dafür, dass die Aktienmärkte von Rekord zu Rekord eilen konnten. Andererseits weisen Kritiker der Notenbank darauf hin, dass wegen des vielen billigen Geldes Blasen an den Märkten drohen, falls die Fed nicht rechtzeitig auf das Bremspedal tritt.

Geldschwemme in Europa

Der Dollar hat zum Euro in diesem Jahr massiv aufgewertet. Hauptgrund für die Stärke ist, dass die Europäische Zentralbank mit dem Kauf von Staatsanleihen für eine Geldschwemme in der Eurozone gesorgt hat. Dies hat zu einer Abwertung der Gemeinschaftswährung geführt. Während europäische Exporteure ihre Produkte auf dem US-Markt günstiger anbieten können, verhagelt der starke 'Greenback' so manchem US-Konzern die Bilanz - betroffen sind etwa der Pampers-Hersteller Procter & Gamble (P&G), der Getränkeriese PepsiCo und der Baumaschinenproduzenten Caterpillar. Sie alle kämpfen im Auslandsgeschäft mit Gegenwind.

"Die Vermutung liegt jedenfalls nahe, dass die US-Wirtschaft derzeit etwas lahmt", sagte VP-Bank-Ökonom Thomas Gitzel. Wie das US-Handelsministerium mitteilte, hat auch ein Streik der Hafenarbeiter an der Westküste das Wachstum gebremst. Da zudem das Wetter die Daten verhagelt hat, spiegeln sie wohl nicht die wahre Stärke der Wirtschaft wider. Dies könnte auch die US-Notenbank, die am Abend wieder über die Zinsen entscheidet, so sehen und von einer Wachstumsdelle sprechen. Dennoch dürfte sie im Laufe des Jahres ihren Leitzins erstmals seit Jahren anheben, auch weil es am Arbeitsmarkt mittlerweile wieder rund läuft. Manche Experten rechnen für September oder das Jahresende mit einer geldpolitischen Straffung. Die Zinsen liegen bereits seit Ende 2008 nahe null Prozent.