Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, hat am Dienstag angesichts der stagnierenden Konjunktur zu einem Rundumschlag gegen die österreichische Politik ausgeholt. "Wie groß muss der Leidensdruck sein, damit man das Steuer herumreißt?", fragte er bei der Präsentation des IV-Konjunkturbarometers. Es sei sehr spät, aber "es muss nicht alles so wie in Kärnten enden".

Neumayer forderte eine Reduktion der Staatsschulden, dies würde Österreich neue Handlungsspielräume geben. Er ortet wegen des "Vertrauensverlustes in die Standortpolitik" einen "beginnenden Teufelskreis". Österreich habe eine Rekordarbeitslosigkeit, er frage sich, warum das im Vorfeld des Tages der Arbeit am 1. Mai nicht in der Breite diskutiert werde.

"Echte Themenverfehlung"

"Schnapsideen" - gemeint sind die sechste Urlaubswoche für alle und eine Wertschöpfungsabgabe - erteilte Neumayer eine Absage. Diese zuletzt von der SPÖ aufgebrachten Vorschläge seien eine "echte Themenverfehlung". Mit 25 gesetzlichen Urlaubstagen und 13 staatlichen oder kirchlichen Feiertagen habe Österreich schon die meisten freien Tage aller entwickelten Volkswirtschaften.

Eine sechste Urlaubswoche würde massiven Druck auf die Arbeitnehmer ausüben. Außerdem werde die Arbeitslosigkeit so nicht bekämpft. "Nur weil ein Software-Techniker mehr Urlaub hat, hat ein Pflichtschulabsolvent noch keinen Job", so Neumayer, der darauf verweist, dass die Hälfte der Arbeitslosen nur einen Pflichtschulabschluss hat.

Hausgemachte Probleme

Für Chefökonom Christian Helmenstein ist die stagnierende Wirtschaft hausgemacht: "Wir haben es mit einem österreichischen Problem zu tun." Das IV-Konjunkturbarometer hat sich im März im Vergleich zur letzten Umfrage vor drei Monaten nur leicht von 14 auf 18 Punkte verbessert, liegt aber um 8 Zähler unter dem Wert vor einem Jahr. Einziger Lichtblick: Der Stellenabbau wird sich nicht fortsetzten, die Unternehmen erwarten in den nächsten drei Monaten eine höhere Produktionstätigkeit.

Makroökonomisch habe sich viel getan, der Euro habe massiv abgewertet, der Ölpreis sei gefallen, das Zinsumfeld habe sich verbessert und "dennoch hinken wir 2014 hinterher", so Helmenstein. In Deutschland und ganz Europa gebe es einen Wirtschaftsaufschwung, nur nicht in Österreich, sagte Neumayer. "Wir bleiben auf der konjunkturellen Kriechspur." Zwar sei Österreich neben Italien von den Krisen in Russland und der Ukraine überdurchschnittlich stark betroffen, aber eigentlich müsste man auch stärker vom Aufschwung in Deutschland und einzelnen osteuropäischen Ländern profitieren.