Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch tritt von seinem Amt mit sofortiger Wirkung zurück. Auch seine Frau Ursula Piëch gibt ihr Mandat in dem Kontrollgremium ab. Das gab die Volkswagen AG am Samstag in einer Pflichtmitteilung an die Finanzwelt bekannt.

Zum Rücktritt des VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piech erklärte das Präsidium, die Mitglieder hätten "einvernehmlich festgestellt, dass vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen das für eine erfolgreiche Zusammenarbeit notwendige wechselseitige Vertrauen nicht mehr gegeben ist".

Ferdinand und Ursula Piëch legten alle Ämter zurück
Ferdinand und Ursula Piëch legten alle Ämter zurück © AP

Piëchs Stellvertreter im Aufsichtsrat, Berthold Huber, werde bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden kommissarisch die Leitung des Gremiums übernehmen, wie der Konzern weiter mitteilte. Er wird sowohl die Aufsichtsratssitzung am 4. Mai und die Hauptversammlung am 5. Mai leiten, dann soll ein neuer Aufsichtsratschef gewählt werden.

Zeit lassen bei der Nachfolger-Suche

Bei der Suche nach einem Nachfolger will sich das Gremium Zeit lassen. "Der Aufsichtsrat ist arbeitsfähig, das Management ist voll funktionsfähig", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Man werde nun "in Ruhe und Umsicht beraten", wer den Posten des zuvor zurückgetretenen VW-Patriarchen Piëch übernehmen solle. Es gebe keinen Grund zur Eile - Ziel sei es, dass das Gremium einen einstimmigen Vorschlag unterbreite.

Ob Konzernchef Martin Winterkorn dabei eine Rolle spiele, wollten weder Weil noch der kommissarische Aufsichtsratschef Berthold Huber kommentieren. "Wir werden dazu keine Aussagen machen. Wir wollen keine Personaldebatte mit einer anderen ablösen", betonte Weil. Winterkorn war bis zum Bruch mit Piëch lange Zeit als dessen Nachfolger gehandelt worden.

"Schädliche Diskussion"

"Die Entwicklung der letzten zwei Wochen hat jedoch zu einem Vertrauensverlust zwischen Aufsichtsratsvorsitzendem und den übrigen Präsidiumsmitgliedern geführt, der sich in den letzten Tagen als nicht mehr lösbar erwiesen hat", wurde Huber zitiert.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte: "Die Diskussion der vergangenen zwei Wochen ist schädlich gewesen für Volkswagen." Es habe eine Flut von Personaldebatten gegeben. "Das Präsidium musste deshalb die notwendige Klarheit schaffen." Er bedaure Piëchs Rücktritt, doch sei er am Ende unausweichlich gewesen. "Ohne zu übertreiben, ist festzustellen, dass er eine der bedeutenden Persönlichkeiten der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte ist", ergänzte Weil.

Plötzliche Abkehr von Ziehson Winterkorn

Damit endet ein rund 14 Tage langer Machtkampf an der VW-Spitze. Vor gut zwei Wochen hatte Piëch dem Spiegel gesagt, er sei "auf Distanz" zum Volkswagen-Chef Martin Winterkorn. Damit rückte der Chefkontrolleur von seinem langjährigen beruflichen Ziehsohn ab.

Bis dahin war der 67-jährige Winterkorn als Piëch-Nachfolger an der Spitze des Aufsichtsrates gehandelt worden. Mit der Demontage durch Piëch stand plötzlich ein Fragezeichen vor Winterkorns Zukunft im Konzern. In der Folge geriet der in Wien geborene Piëch selber zunehmend unter Druck.

Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn
Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn © AP

Bereits am Freitag war durchgesickert, dass sich der Streit in der Führungsetage von Volkswagen weiter zuspitzt. Sollte Piëch weiter versuchen, Konzernchef Martin Winterkorn aus dem Amt zu drängen, müsse er mit seiner Abwahl als Aufsichtsratschef rechnen, sagten Insider.

Piëchs Vorgehen gegen den Chef des Wolfsburger Konzerns war auf immer mehr auf Unverständnis gestoßen: "Noch zwei, drei solche Sachen sollte er sich jetzt nicht mehr leisten", sagte eine Person mit Kenntnis der Situation. Ministerpräsident Stephan Weil, der das Land im Präsidium des VW-Aufsichtsrats vertritt, hatte in den vergangenen Tagen von der VW-Spitze wiederholt mehr Professionalität gefordert.