Paula, Emma, Kyrill: So heißen die orkanartigen Stürme, die den heimischen Wäldern in jüngerer Vergangenheit stark zugesetzt haben. Für Alexander Kottulinsky, den Chef der Kotax Versicherungssysteme GmbH, war das Grund genug, ein neues Produkt auf den Markt zu werfen: Er konzipierte eine Wald-Sturmversicherung, mit der erstmals Waldbauern und Großgrundbesitzer gegen Sturmschäden versichert werden können.

Doch bei den Funktionären in der Bauernkammer löste der findige Makler damit keineswegs Jubel aus – ganz im Gegenteil. Denn bisher galten Wald-Sturmschäden als „nicht versicherbar“ und wurden zum Teil aus dem mit Steuergeld dotierten Katastrophenfonds gedeckt. Einen Teil des Risikos trägt also der Steuerzahler. Da ist es verständlich, dass die Idee, sich plötzlich auf eigene Kosten gegen eigene Risiken versichern zu müssen, nur zögerlich Anhänger findet.

Kottulinsky ließ sich zunächst nicht beirren und betonte die aus seiner Sicht vorhandenen Vorteile: Beim Katastrophenfonds gebe es keinen Rechtsanspruch, die Zahlung der Versicherung erfolge rascher und verlässlicher. Auch volkswirtschaftlich sei das Prämiensystem vernünftig. Doch dann ließ das vereinigte heimische Agrar-Imperium seine Muskeln spielen. Ergebnis: Nach mehreren Jahren Vorarbeit und anfänglich positiven Gesprächen stand der Versicherer plötzlich vor lauter verschlossenen Türen.

So reagierten Hagelversicherung und Waldverband zunächst positiv, rückten aber bereits im Jahr 2010 von der Sturmversicherung ab – jeweils mit dem Hinweis, dass die Versicherung womöglich Zahlungen aus dem Katastrophenfonds gefährde. Auch EU-Hilfsgelder für die Wiederaufforstung und ein spezieller Steuernachlass im Einkommensteuergesetz seien in Gefahr.

Erzürnte Reaktionen

Auf der Suche nach Partnern wandte sich Kottulinsky daraufhin an die Grazer Wechselseitige Versicherung (Grawe) – immerhin war sein Großonkel Franz Harnoncourt-Unverzagt bis 2012 Aufsichtsratschef dieses Konzerns gewesen. Dort war man zunächst gesprächsbereit, und im Sommer 2013 kamen Grawe und Kotax gemeinsam mit der Sturmversicherung auf den Markt.

Die Landwirtschaftskammer Österreich reagierte erzürnt. Der damalige Chef Gerhard Wlodkowski und sein Generalsekretär August Astl schrieben Kottulinsky einen geharnischten Brief: Man sei „verwundert“, zumal man „davon abgeraten“ habe. Im Verhörston stellte man dem Wald-Rebellen Fragen, etwa: „Ist sichergestellt, dass auch bei künftigen Sturmkalamitäten Entschädigungen aus dem Katastrophenfonds gewährt werden?“ (Siehe Faksimile oben.)

Die Grawe nahm daraufhin das Produkt vom Markt – angeblich nach Intervention der Kammer, wie Kottulinsky behauptet. In der Grawe weist man dies freilich zurück: Von Intervention könne keine Rede sein. Man habe das Modell geprüft, sei letztlich aber zum Schluss gekommen, dass es versicherungstechnisch nicht funktioniert.
Kottulinsky wandte sich daraufhin an die deutsche Gothaer Versicherung. Unter dem Namen „Die Waldversicherung“ ist er seit Ende 2014 abermals mit dem Produkt auf dem heimischen Markt. Doch der Widerstand ist erneut beachtlich und trägt teils groteske Züge. So versuchte der Rebell mehrfach, ein Inserat in der Kammerzeitung „Waldverband aktuell“ zu schalten. Vergeblich: „Leider muss ich mitteilen, dass unsere Anzeigenflächen für die kommenden Ausgaben bereits vergeben sind“, ließ ihn die Zeitung in einem Mail vom 19. Jänner 2015 wissen. Als er nachhakte, wurde man deutlicher: „Aufgrund noch offener Fragen (...) in Bezug auf den Katastrophenfonds möchten die Geschäftsführer derzeit von einer Inseratenschaltung Abstand nehmen“, schrieb man.

Einen Innovationspreis der Holzmesse Klagenfurt bekam Kottulinsky auch nicht. Begründung: „Sie sind Ihrer Zeit noch etwas voraus.“

"Wollte uns einspannen"

Kammer-Generalsekretär Astl will von Behinderung freilich nichts wissen: „Kottulinsky wollte uns als Gratis-Vertriebspartner für sein Produkt einspannen“, sagt er. Die Waldversicherung sei eine „Schimäre“, denn wirklich große Waldbesitzer hätten ihr Risiko sowieso geografisch gestreut und für Kleinbauern sei die Prämie zu hoch. Dass man auch Angst um den Katastrophenfonds habe, räumt Astl freilich ein: „Da ist was dran, wenn Sie so wollen.“
Übrig bleibt der Eindruck, dass die Landwirtschaftskammer – eine in der Verfassung verankerte und dem Land verpflichtete Institution – lieber den Steuerzahler für Waldschäden bluten lässt und dafür sogar Werbeverbote verhängt. Wer nach Ursachen für die hohe Steuerlast sucht, kann sie auch im Kammerstaat finden.