Seit Monaten bereiten sich die europäischen Stromnetzbetreiber auf den Tag vor, am 20. März geht es für sie ans Eingemachte. Dann schiebt sich der Mond vor die Sonne und verdunkelt den Himmel. Zwar ist es nur eine partielle Sonnenfinsternis, die zwischen 9.30 Uhr und 12 Uhr über dem Kontinent zu beobachten sein wird, doch stellt sie die Stromnetze vor eine noch nie da gewesene Herausforderung: Binnen weniger Minuten könnten in Europa Zehntausende Megawatt Stromleistung vom Netz gehen, was die Versorgung auf eine harte Probe stellt.

Grund dafür sind die vielen Fotovoltaikanlagen, die inzwischen am Erzeugungssystem hängen.
Was bei der letzten partiellen Sonnenfinsternis vor zwölf Jahren noch kein Thema war, schlägt jetzt voll durch. Allein in Deutschland sind Fotovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 38.000 Megawatt am Stromnetz, was der Dimension von etwa 40 modernen Atomkraftwerken entspricht. In Italien sind es 18.000 Megawatt Sonnenstromleistung, in Frankreich und Spanien jeweils 5000.

Haarig wird die Situation, wenn sich der 20. März zu einem sonnigen Tag entwickelt. Anders als bei einem normalen Sonnenuntergang wird den Solarmodulen in diesem Fall innerhalb kürzester Zeit das Licht genommen. Der Verband der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E rechnet damit, dass bei klarem Wetter rund 35.000 Megawatt Stromleistung plötzlich aus dem Netz fallen werden. Ein Ausfall dieser Größenordnung ist nur mit großer Mühe zu kompensieren und könnte das System instabil werden lassen. Die letzte Konsequenz wäre ein Blackout.

Keine gröberen Probleme für Österreich erwartet

Für Österreich, das bislang rund 800 Megawatt Fotovoltaikleistung am Netz hat, rechnet Walter Boltz mit keinen gröberen Problemen. Der Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control verweist auf ausreichend vorhandene Reservekapazitäten, etwa in Form von Pumpspeicheranlagen. „In Deutschland oder Italien ist die Situation durch die großen Fotovoltaik-Leistungen viel angespannter.“

Angesichts der monatelangen Vorbereitungen auf den 20. März hält Boltz ein Blackout dennoch für unwahrscheinlich. „Wird der Tag sonnig, wird er für die Netzbetreiber aber jedenfalls ein ordentlicher Stress.“ Wahrscheinlich ist, dass Österreich den Nachbarländern bei der Engpassversorgung während der Finsternis aushelfen wird. Die zweite Herausforderung droht dann gegen Ende des Himmelsspektakels. Dann drängt der Sonnenstrom wieder zurück ins Netz.

VON GÜNTER PILCH