Deutschlands zweitgrößter Baukonzern Bilfinger, der mit 17 Gesellschaften in Österreich vertreten ist, verkauft große Teile seines Tiefbaugeschäfts. Die Division Construction wird an das Schweizer Bau- und Baudienstleistungsunternehmen Implenia verkauft und damit auch die österreichische Firma, die Bilfinger Baugesellschaft m.b.H. in Wien mit 200 Mitarbeitern, teilte der Konzern am Montag mit.

Der Nettoveräußerungserlös werde nach Abzug der Kosten für den Verkauf rund 230 Millionen Euro betragen. Nach Berücksichtigung einer Risikovorsorge verbleibe in der Bilanz ein Veräußerungsgewinn in niedriger zweistelliger Millionenhöhe. Die Kartellbehörden müssen dem Verkauf noch zustimmen, mit einem Abschluss des Geschäfts werde im ersten Quartal 2015 gerechnet

80 Millionen Euro Umsatz in Österreich

Implenia kauft die in Deutschland und im europäischen Ausland, darunter auch in Österreich, tätige Division Construction. Sie beschäftigt insgesamt knapp 1900 Mitarbeiter und soll 2014 ein Leistungsvolumen von rund 600 Millionen Euro erzielen. Die Gesellschaft in Wien hat ihren Firmensitz im selbst errichteten Bürohaus Forum Schönbrunn und erzielte zuletzt rund 80 Millionen Euro Umsatz.

Die Sparte, die zu 80 Prozent aus Tiefbau mit Projekten wie dem U-Bahn-Bau in Berlin besteht, war Bilfinger nicht profitabel genug. Der Verkaufsprozess wurde im Mai angekündigt. Hinsichtlich des noch verbleibenden polnischen Baugeschäfts ist der Konzern nach eigenen Angaben in Kontakt mit anderen Interessenten. Bilfinger will sich künftig auf Ingenieur- und Serviceleistungen für Industrieanlagen, Kraftwerke und Immobilien konzentrieren

"Der Abschied vom langjährigen Traditionsgeschäft ist uns nicht leicht gefallen", räumte Bilfinger-Chef Herbert Bodner laut Reuters ein. "Wir sind sicher, die Division Construction in gute Hände zu geben. Im neuen Konzernverbund verfügt sie über sehr gute Entwicklungsperspektiven."

Konzernvorstand Jochen Keysberg sagte im Sommer im Gespräch mit der APA, dass der langjährige Umbau des gesamten Bilfinger-Konzerns weg vom reinen, zyklischen und wetterabhängigen Baugeschäft hin zum weitaus renditeträchtigeren Immobilien- und Industriedienstleister dann abgeschlossen sei , wenn "die Construction" veräußert sei.

Wurzeln gekappt

Mit dem Verkauf kappt der 1880 gegründete Konzern seine Wurzeln. In Österreich ist Bilfinger nach dem Verkauf noch mit 16 Gesellschaften vertreten. "Der Abschied vom langjährigen Traditionsgeschäft ist uns nicht leicht gefallen. Wir sind sicher, die Division Construction in gute Hände zu geben", sagte Bilfinger-Chef Herbert Bodner. In Zukunft will sich das Unternehmen stärker auf die gewinnträchtigeren Dienstleistungen rund ums Bauen, etwa das Gebäudemanagement oder das Konzipieren, Modernisieren und Warten von Industrieanlagen und Kraftwerken ausrichten.

Das größte Schweizer Bau- und Baudienstleistungsunternehmen Implenia wächst auf einen Schlag um ein Viertel und übernimmt neben der Schweiz auch in Deutschland, Österreich und Skandinavien im Bereich Infrastruktur eine führende Stellung. Der Umsatz klettert auf rund 3,4 Milliarden Euro, die Mitarbeiterzahl wächst auf rund 8300. "Ein Personalabbau ist nicht angedacht", sagte Implenia-Chef Anton Affentranger der Nachrichtenagentur Reuters. "Bilfinger ist da tätig, wo wir nicht stark vertreten sind."

Die Aktivitäten in Polen übernehmen die Schweizer nicht. Implenia habe sich auf die Länder konzentrieren wollen, in denen der Konzern bereits vertreten sei. Bilfinger ist nach eigenen Angaben bereits in Kontakt mit anderen Interessenten für das polnische Baugeschäft.

Erster Jahresverlust seit 1998

Bilfinger steckt in einer Krise und erwartet nach vier Gewinnwarnungen in diesem Jahr den ersten Jahresverlust seit 1998. Dennoch halten die Mannheimer an ihrer Strategie fest, sich auf das Dienstleistungsgeschäft zu konzentrieren. Doch die Sparten Energie- und Industrie-Dienstleistungen schwächeln. Bilfinger leidet mit seinen Kunden, den Energieversorgern, unter dem Ausbau der Ökoenergie in Deutschland. Kohlekraftwerke sind unrentabel geworden, sodass Bilfinger Aufträge für Wartung oder Rohrleitungsbau wegbrachen. Gleichzeitig sind wichtige Industriekunden wie etwa Chemiebetriebe im Abschwung und sparen.

Martin Hüsler, Analyst der Zürcher Kantonalbank (ZKB), hält das Risiko für Implenia für begrenzt. Bilfinger und Implenia kennen sich seit Jahren und arbeiteten bereits im Tunnelbau am Gotthard und bei Schweizer Eisenbahnprojekten zusammen. "Das lässt darauf schließen, dass Implenia das Risiko gut abschätzen kann", sagte Hüsler.

An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Die Bilfinger-Aktie legte um 0,8 Prozent zu, die Implenia-Papiere gewannen 2,5 Prozent.