Die Republik Österreich klagt von der Bayerischen Landesbank (BayernLB) 3,5 Milliarden Euro wegen einer georteten Täuschung im Rahmen der Notverstaatlichung der früheren Hypo Alpe Adria ein. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) kündigte das am Freitag vor Journalisten in Wien an. Die Hypo war Tochter der BayernLB. Die Bayern hätten den tatsächlichen Kapitalbedarf der Hypo Ende 2009 verschleiert.

Der Terminus Technicus lautet "Anfechtungsklage gegen die Notverstaatlichungsvereinbarung" im Dezember 2009. Da die Bayern über den wahren Zustand der Problembank Hypo Alpe Adria nicht informiert und den wahren Kapitalbedarf nicht offengelegt hätten, müssten die Konditionen der Übernahme der Krisenbank eben andere sein bzw. werden.

Auch die BayernLB klagt 2,4 Mrd. Euro von der Republik ein, wie erst vor wenigen Tagen bekanntgeworden war.

Dem Steuerzahler hat die ehemalige Kärntner Hypo Alpe Adria in Österreich bisher rund 5 Milliarden Euro gekostet.

"Kein Tag zum Scherzen"

Die Klage auf den Ausgleich von 3,5 Milliarden Euro für die Hypo-Notverstaatlichung von der Ex-Hypo-Mutter BayernLB durch die Republik ist am heutigen Freitag beim Handelsgericht Wien eingebracht worden. "Kein Tag zum Scherzen heute, wir haben monatelang alle Alternativen geprüft. Wir sind den Steuerzahlern verpflichtet", sagte Finanzminister Hans Jörg Schelling vor Journalisten in Wien.

Es geht praktisch darum, dass Österreich einen Beitrag aus Bayern für die Hypo-Abwicklungsgesellschaft Heta Asset Resolution erbracht wissen will. Im Nachhinein sollen bessere Konditionen erkämpft werden. Denn der Kapitalbedarf der Hypo sei nicht nur kurz- sondern auch mittelfristig viel höher gewesen, als dies die Bayern dargestellt hätten. Die falsche Darstellung sei den Bayern auch bewusst gewesen.

Die österreichische Klage stützt sich auch auf Gutachten, die im Rahmen des bereits laufenden Gerichtsstreits in München von der Heta verwendet werden. Weitere Experten über die Gutachter hinaus hätten ebenso notwendige Wertberichtigungen festgestellt, die Bayern nicht genannt habe.

Eine Gefahr für die Abbauarbeit der Heta soll die neueste Klage der Republik aber genau so wenig darstellen wie auch für den laufenden Verkauf der von der Heta losgelösten früheren Balkan-Töchter der Hypo, wie betont wurde.

Hoffnung auf Vergleich

Auch ein Vergleich mit Bayern sei weiter möglich und werde auch angestrebt, trotz der Anfechtungsklage heute aus Österreich. Bisher habe sich kein für beide Seiten akzeptabler Vergleich ergeben, so Schelling.

Die Klage stützt sich auch darauf, dass die Bayern kurz vor der Notverstaatlichung 600 Millionen Euro aus der Hypo abgezogen hätten und weiters darauf, dass die Bayern eine Zwangslage ausgenutzt hätten, sagte der Finanzminister. Aber: "Meine Gesprächsbereitschaft bleibt aufrecht." Wenn es einen akzeptablen Generalvergleich zwischen Bayern und Österreich gebe, würden alle Klagen zurückzuziehen sein - sowohl die bayerischen als auch die österreichischen.

Das Gespräch gesucht

Auch er, Schelling, selbst habe vor einigen Wochen mit dem bayerischen Finanzminister Markus Söder (CSU) zu diesem äußerst heiklen Thema gesprochen. "Wir haben den ersten Schritt gesetzt", sagte Schelling heute in Wien vor Journalisten Richtung Bayern. "Wir haben den Kontakt aufgenommen, haben gebeten, Gespräche zu führen." Es sei nach dem Gespräch zwischen Söder und Schelling aber nicht dazu gekommen, dass Bayern, wie angedeutet worden sei, einen Gegenvorschlag präsentierte.

"Ein Gegenvorschlag kam nicht", bedauerte Schelling. "Es gab eine Zusage, dass darüber nachgedacht wird. Wenn acht Wochen keine Antwort kommt, denkt man sich auch seinen Teil", so der Finanzminister weiters Richtung München. "Nun sind die Bayern am Zug." Gleichzeitig sei Österreich weiterhin an einem Generalvergleich mit Bayern interessiert. Heute sei praktisch der letztmögliche Moment für die Klage gewesen, merkte Schelling mit Blick auf das Ende der Verjährungsfrist am 31. Dezember 2014 an.

Die nachbarschaftlichen Beziehungen zum Freistaat Bayern sieht Schelling wegen der neuen Klage aus Österreich heute und der neuen Klage aus Bayern vor wenigen Tagen "nicht gefährdet": "Die Politpoltereien gehören beendet und endlich Gespräche geführt", lud er Söder ein.

Seitens der BayernLB gibt man sich betont gelassen. "Dieser Schritt war zu erwarten", versuchte ein Sprecher der BayernLB in Sachen der neuesten Milliardenklage im Rahmen des Hypo-Desasters aus Österreich zu beschwichtigen. "Die BayernLB nimmt dies zur Kenntnis und sieht einer Klage gelassen entgegen."

Peschorn: Österreicher wurden getäuscht

Der Leiter der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, hat die Klage der Republik Österreich gegen die BayernLB heute verteidigt. Die Republik stütze ihre Klage auf "Arglist" auf Seite der Bayern, denn diese hätten das österreichische Verhandlungsteam nicht über den wahren wirtschaftlichen Zustand der Hypo Alpe Adria-Bank informiert. Die Österreicher seien also getäuscht worden.

"In der Verhandlungsnacht der Notverstaatlichung wurde ein Kapitalbedarf von 2,1 Mrd. Euro zugrunde gelegt. Wir wissen heute alle, dass diese 2,1 Mrd. Euro nicht Bestand haben", sagte Peschorn in der "ZiB2" des ORF-Fernsehens Freitagabend. Die Bayern wären zur Aufklärung der Österreicher über den wahren wirtschaftlichen Zustand der Bank verpflichtet gewesen.

Österreich habe die Klage nicht mutwillig eingebracht, sondern vorläufige Vergleichsverhandlungen seien gescheitert, "weil ein Partner die Verhandlungen verlassen hat". Deswegen sei die Republik gezwungen gewesen, die Klage einzubringen. Eine "Generalbereinigung" durch einen Vergleich sei jedoch weiterhin möglich.

Peschorn betonte, er selber sei nicht im österreichischen Verhandlungsteam in der Nacht der Notverstaatlichung der Hypo gesessen. Das österreichische Team habe aber natürlich eine Strategie gehabt, konterte er diesbezügliche Kritik im Untersuchungsbericht der Griss-Kommission.