Die Gewerkschaft Verdi will mit der bisher härtesten Streikwelle den Online-Versandhändler Amazon im wichtigen Weihnachtsgeschäft treffen. Der zunächst dreitägige Ausstand werde am bundesweit größten Standort in Bad Hersfeld sowie in Werne, Rheinberg (beide NRW) und Leipzig bis einschließlich Samstag fortgesetzt, erklärte Verdi am Mittwoch.

Im bayerischen Graben sollen die Proteste sogar bis einschließlich 24. Dezember weitergehen. In Koblenz endet der Ausstand vorläufig in der Nacht zum Donnerstag. Trotz der Streiks hat Amazon seine Bestellfrist für Weihnachtslieferungen erweitert.

Am Mittwoch wurden die am Montag begonnenen Ausstände fortgesetzt. Sechs von neun Standorten beteiligten sich. Dort nahmen nach Gewerkschaftsangaben insgesamt 2.600 Mitarbeiter an den Protesten teil. Amazon berichtete von etwa 2.200 Beschäftigten. Mit der verlängerten Streikdauer plant die Gewerkschaft den bisher härtesten Ausstand bei dem Versandhändler. Vor einigen Wochen wurde schon mal sechs Tage hintereinander in Bad Hersfeld gestreikt.

Bei einer Kundgebung in Koblenz bot die rheinland-pfälzische Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) ihre Vermittlung an. "Der Staat hat sich natürlich neutral zu verhalten. Auch die Arbeitsministerin. Aber ich wollte klar meine Meinung sagen", sagte Bätzing-Lichtenthäler. "Ich kann an dieser Stelle nur appellieren, Gespräche aufzunehmen." Laut Gewerkschaft nahmen mehr als 1000 Beschäftigte an der Kundgebung teil. Auch Kollegen aus NRW und Hessen seien angereist.

"Wir werden den Druck ausbauen"

Verdi-Sprecherin Eva Völpel sagte in Berlin: "Wir werden den Druck aufrechterhalten und ausbauen. Die Streiks werden Amazon im Weihnachtsgeschäft treffen - auch wenn das Unternehmen verzweifelt versucht, den Eindruck zu erwecken, dass alles gut läuft."

Amazon bestreitet eventuelle Betriebsstörungen. Das Unternehmen verfüge über ein europaweites Logistiknetzwerk mit 28 Standorten und könne jederzeit auf die Streiks reagieren. Deutschland-Chef Ralf Kleber betonte: "Nach wie vor gilt: Die Mehrheit unserer Mitarbeiter streikt nicht. Nur eine Minderheit beteiligt sich daran. Die Ausfälle sind nicht groß. Deshalb gilt auch weiterhin: Wir liefern pünktlich."

Amazon verlängerte sogar seine Bestellfrist für den Standardversand im Weihnachtseinkauf. Das Unternehmen garantiere eine pünktliche Lieferung bis Heiligabend für Ware, die bis zum kommenden Montag um 12 Uhr geordert wird. Bisher galt das demnach nur für Bestellungen bis Sonntagabend. Mit dem Premium- und Expressversand seien noch kurzfristigere Bestellungen möglich.

Die Gewerkschaft gibt sich kämpferisch. Zum verlängerten Ausstand sagte Verdi-Streikleiter Thomas Schneider in Leipzig: "Wenn bis jetzt noch keine Bewegung im Denken der Geschäftsführung eingesetzt hat, werden wir weiter daran arbeiten, den Prozess zu forcieren."

Die Gewerkschaft will bei Amazon einen Tarifvertrag zu den Konditionen des Einzelhandels durchsetzen. Amazon lehnt das strikt ab. Der US-Konzern sieht sich selbst als Logistiker. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Verdi ruft seit 2013 immer wieder zu Streiks auf. Amazon beschäftigt bundesweit an neun Standorten 20.000 Festangestellte und Saisonkräfte.