Haben Sie heute ihren Morgensport schon an die Versicherung gemeldet?
PETER THIRRING: Den habe ich nicht gemeldet, weil es die Versicherung nicht interessiert.
Die Generali Deutschland will aber künftig von Kunden Vitalitäts-Daten einholen.
THIRRING: Die internationale Generali-Gruppe geht eine Kooperation mit dem südafrikanischen Krankenversicherer Discovery ein. Der hat ein Gesundheitsprogramm Vitality entwickelt, das ist aber eine Sozialversicherung.
Konzernchef Mario Greco sieht ein Win-Win-Konzept: „Gesündere Kunden sind besser für uns.“
THIRRING: Ja, man beginnt aber erst, es zu entwickeln. In Österreich steht noch nichts fest. Wir beabsichtigen hier auf keinen Fall, Lebensstildaten von Kunden zu verlangen.
Auch nicht Jogging-Daten, wie sie viele mit Runstatic in Facebook preisgeben?
THIRRING: Nein. Nicht zum Lebensstil und auch nicht Gesundheitsdaten über den heutigen Stand hinaus. Wer eine Krankenversicherung hat, leistet schon bisher Gesundheitsdaten, wenn er wegen Schnupfen mit der E-Card zum Arzt geht und es der Versicherung meldet.
Künftig könnten Versicherungen gleich via Armband vom Fitness-Tracker den Cholesterinspiegel und die Zuckerwerte erfragen.
THIRRING: Nein. Wir wollen keine Gesundheitswerte über die heutigen hinaus. Und auch die unterliegen strengem Datenschutz. Es hätte keinen Sinn. Ein Versicherter darf nicht gekündigt werden.
Wenn er Ihnen fleißig Laufdaten schickt und Sie erwischen ihn aber beim fetten Schweinsbraten?
THIRRING: Es geht auch nicht, wenn jemand ein Leben lang im Spital liegt. Und ich darf auch keinem Jogger die Prämie senken. In Österreich ist es nicht erlaubt, individuelle Prämien zu verlangen. Der Tarif darf nur kollektiv an die medizinische Inflation angepasst werden.
Wie gläsern ist der Kunde also?
THIRRING: Er ist gläsern gegenüber der Sozialversicherung. Aber bei uns nur begrenzt – bei der Krankenzusatzversicherung nur, wenn er ins Spital geht. Hat er einen Ambulanztarif, hängt es davon ab, was er einreicht. Wir wollen uns vom Kranken- zum Gesundheitsversicherer bewegen. Es heißt ja auch health insurance und nicht sickness insurance. Da gibt es bereits Assistence-Leistungen mit Wellnessangeboten oder Fitnessberatung. Wir können dazu viel von Discovery lernen, die haben große Assistence-Erfahrung etwa für Rauchen Abgewöhnen. Aber mit George Orwell´s Big Brother hat das in Österreich nichts zu tun.
Im Kfz-Bereich sammeln die Versicherungen mit Telematik-Plattformen Daten. Damit hätten Sie mich heute früh vor Nebel und Eis auf der Pack warnen können.
THIRRING: Da bin ich bei Ihnen. Auch mit Hagelwetterwarnung. Das sind kluge Service-Produkte.
Es geht bis zur eingebauten Box im Kfz für die sofortige Schadensmeldung. Man kann so aber auch messen, ob jemand vorsichtiger oder aggressiver Autofahrer ist – und danach die Prämine staffeln.
THIRRING: Das machen wir nicht. Eine andere Versicherung bietet das je nach Kilometern an. Ob einer ein guter oder schlechter Autofahrer ist, sehen wir auch so.
Was noch verändert die Digitalisierung im Versicherungswesen?
THIRRING: Wir haben bei der Generali die elektronische Unterschrift eingeführt, mit weniger Papierkram für die Kunden.
Am Versicherungshorizont tauchen erneut Lebensversicherungen ohne Garantiezins auf.
THIRRING: Sie meinen ein Konkurrenzprodukt. Es gibt das aber schon lange als fondsgebundene Lebensversicherung, die wir auch anbieten, mit höheren Ertragsschancen, aber auch höherem Risiko. Wir sehen daher keinen Anlass, in der klassischen Lebensversicherung auf den Garantiezins zu verzichten.
Die Finanzmarktaufsicht verlangt, dass der Garantiezins in der klassischen Lebensversicherung 2015 von maximal 1,75 Prozent auf 1,5 Prozent gesenkt wird. Sie bieten heuer einen Gesamtzins von 3,4 Prozent. Halten Sie das 2015?
THIRRING: Die Entscheidung haben wir noch nicht endgültig getroffen. Man muss natürlich dem geänderten Zinsumfeld Rechnung tragen. Es wird aller Voraussicht nach zu einer leichten Absenkung kommen, aber ein Dreier wird sicher vorne stehen.
Die Lebensversicherungen steigen als Altersvorsorge auch heuer - weil viele über ihre Pensionskonten so erschrocken sind?
THIRRING: Das pensionskonto weckt natürlich das Beweusstsein der Leute, sich mehr zu informieren. Die Behauptung, dass wir Angst und Schrecken mit dem Pensionskonto verbreiten, muss ich zurückweisen. Die Betroffenen wissen, dass das eine Momentaufnahme ist und unsere Mitarbeiter können das ganz genau hochrechnen. Viele kommen halt drauf, oje, das ist wenig. Wir haben aber auch neue Vorsorgelösungen für Berufsunfähigkeit. Dafür hat nur jeder 20. vorgesorgt, obwohl das Risiko seit 2014 mit der Abschaffung der Invalisidätspension für ab 1964 Geborene deutlich verschärft worden ist.
Wieviel verdienen Sie heuer?
THIRRING: Wir werden in der Lebensversicherung über fünf Prozent Plus landen. Das ist auch Einmalerlägen geschuldet. 2013 war das beste Jahr der Generali in 180 Jahren. 2014 wird noch besser. Wir werden Marktanteile gewinnen und erstmals über 200 Millionen Euro Ergebnis haben.
Wie hoch ist Ihr Ergebnis-Beitrag zum Konzern in Triest?
THIRRING: Bei den Prämien der Generali-Gruppe steuert Generali Österreich 3,8 Prozent bei, bei der Dividende 15 Prozent.
Ihr dringendster Wunsch an Finanzminister Hans Jörg Schelling?
THIRRING: Dass er im Bereich der Pensions- und Pflegevorsorge Incentives gibt. Es geht nur um den Anreiz. Mit jedem Euro, den der Staat in die zweite und dritte Säule des Pensionssystems gibt, fließt ein Vielfaches in das System hinein. Schelling müsste den Anreiz erhöhen. Bei der staatlichen Pension ist es ja immer die momentane Abdeckung eines Defizits. Dieses Geld ist weg.