Immer wieder hat Spar-Chef Gerhard Drexel in den vergangen Monaten den Terminus „Rechtssicherheit“ strapaziert. Das sei der Grund, warum sich der Handelskonzern auf ein Gerichtsverfahren gegen die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) eingelassen habe. Anfang des Jahres hatte die BWB gegen Spar Bußgeldanträge wegen Preisabsprachen mit Lieferanten eingebracht. Vorausgegangen waren Razzien und Spionagevorwürfe. Sich, wie bereits mehrere Mitbewerber, mit der Behörde zu einigen, kam für Drexel nicht infrage.

Jetzt sieht man bei Spar einen „Teilerfolg“. Das Kartellgericht hat den Handelskonzern am Mittwoch zu einer Geldbuße in Höhe von drei Millionen Euro verurteilt – wegen „Preismoderationen“, wie es Richterin Anneliese Kodek in ihrem Urteil bezeichnet. Dabei geht es aber nur um Molkereiprodukte. Spar hat sich von den Lieferanten in diesem Bereich über einen Zeitraum von zehn Jahren also „Verkaufspreisempfehlungen“ geben lassen – sprich eine Garantie bekommen, dass die Waren bei anderen Händlern nicht günstiger verkauft werden. Von Rechtssicherheit für die gesamte Branche, wie es sich Spar gewünscht hatte, kann aber nach wie vor keine Rede sein. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und ergeht noch vor Weihnachten schriftlich. Die Spar-Tochterfirmen Maximarkt und SLL kamen ohne Strafe davon. Im Zuge des Prozesses hatte es heftige Auseinandersetzungen wegen BWB-Razzien bei Spar gegeben.

Ein zweites Verfahren, in dem es um 16 andere Produktgruppen geht, ist weiterhin anhängig. Hier fehlt laut Kartellgericht noch Beweismaterial. Bisher hatten sich sowohl Lebensmittelhändler als auch Lieferanten außergerichtlich mit der BWB geeinigt, um langwierigen Verfahren zu entgehen. So zahlte etwa die Kärntnermilch vor knapp einem Jahr eine Geldbuße in Höhe von 375.000 Euro, bei Emmi Österreich waren es 210.000 Euro.

Rewe zahlte 20,8 Millionen Euro

Am tiefsten in die Tasche greifen musste bis dato der Handelskonzern Rewe. Die Billa-Mutter zahlte im Mai 2013 eine Kartellstrafe in Höhe von 20,8 Millionen Euro. Dabei ging es um Preisabsprachen in 20 unterschiedlichen Produktgruppen – vor allem bei Molkereiprodukten, aber auch Bier, Brot, Fleisch, Wein und Spirituosen. Konsumenten seien aber „in keiner Form geschädigt“ worden, hieß es damals von Rewe.

Handelsexperten glauben nicht an eine abschreckende Wirkung des aktuellen Urteils. Silvia Angelo, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik der Arbeiterkammer, fordert eine Änderung des Kartellgesetzes und strengere Wettbewerbsregeln: „Geldbußen, die Unternehmen wegen Kartellverstößen zahlen müssen, sollten zumindest zum Teil in den Konsumentenschutz fließen“, betont Angelo. Absprachen hätten letztlich höhere Preise für die Konsumenten zur Folge.

WOLFGANG FERCHER