Das beherrschende Thema für das Treffen des Öl-Kartells OPEC am Donnerstag steht fest: Der Ölpreis sinkt und sinkt. Grund hierfür ist vor allem das Überangebot an den Weltmärkten. Dennoch rätseln selbst langjährige OPEC-Beobachter darüber, ob die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) auf den Preisverfall reagiert und die Förderung drosselt.

Die Chancen hierfür stehen Börsianern zufolge aber eher schlecht. Der saudi-arabische Ölminister Ali al-Naimi betonte, dass sich der Preis "irgendwann von selbst" stabilisieren wird. "Damit hat er eine Förderkürzung faktisch ausgeschlossen", urteilte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch.

Keine Einigung mit Russland

Am Dienstag hatten sich die beiden OPEC-Staaten Saudi-Arabien und Venezuela, sowie Russland und Mexiko nicht auf einen geringeren Ausstoß einigen können. Die Teilnehmer verständigten sich lediglich darauf, in drei Monaten wieder zusammenzukommen.

Al-Naimis Kollege Suhail bin Mohammed al-Mazroui aus den Vereinigten Arabischen Emiraten warnte in einem Reuters-Interview davor, in Panik zu verfallen. Er sieht stattdessen die Nicht-OPEC-Staaten in der Pflicht. "Das Überangebot kommt nicht von der OPEC", betonte al-Mazroui.

Fraking

Eine der Quellen der Rohöl-Schwemme liegt in den USA, die den Rohstoff mit Hilfe der umstrittenen Fracking-Technologie aus Schiefergestein herauslösen und damit neue Vorkommen erschließen. Einer der Hauptleidtragenden des Ölpreis-Verfalls ist Russland, das wegen der Ukraine-Krise im Clinch mit den USA liegt. Das Treffen der OPEC hat somit eine weltpolitische Dimension. Saudi-Arabien - ein wichtiger Verbündeter der USA - hat Ölminister al-Naimi zufolge allerdings kein Interesse daran, Öl als politische Waffe einzusetzen. "Hier geht es nur ums Geschäft", betonte er.

Aktuell kostet ein Barrel (159 Liter) der richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee etwa 78 Dollar (62,8 Euro). Ein Fass des US-Öls WTI ist sogar schon für gut 74 Dollar zu haben. Seit Juni sind die Preise um gut ein Drittel gesunken.

Problem für Russland

Das schmerzt vor allem Russland, das rund 40 Prozent seiner staatlichen Einnahmen aus dem Öl-Export bezieht. Dem Land gehen durch den Ölpreis-Verfall nach eigenen Angaben bis zu 100 Mrd. Dollar jährlich durch die Lappen. Im Haushaltsplan für 2014 rechnet die Regierung mit einem durchschnittlichen Preis von 104 Dollar je Barrel. In Moskau ist daher längst von einem Komplott die Rede.

Leonid Fedun, Miteigentümer der russischen Ölfirma Lukoil, verweist dabei auf einen Besuch von US-Präsident Barack Obama in Riad im März: Obama habe den König von Saudi-Arabien inmitten der Ukraine-Krise getroffen, um ihn zur Kooperation zu drängen. Von offizieller Seite wird diese Theorie indes nicht bestätigt. Auch der Iran hat den beiden Feinden USA und Saudi-Arabien konspirative Absprachen vorgeworfen, die sich gegen die Wirtschaft des Landes richteten.

Ölkrieg

"Bilde ich mir das ein, oder haben wir es mit einem globalen Ölkrieg zu tun, mit den USA und Saudi-Arabien auf der einen Seite und Russland und dem Iran auf der anderen?", schrieb kürzlich der "New York Times"-Kolumnist Thomas Friedman. US-Außenminister John Kerry goss zuletzt noch etwas Öl ins Feuer. Als man ihn bei einem Besuch in Riad im September nach der Bedeutung des Ölpreises für den russischen Haushalt fragte, lächelte er und sagte: "Die Saudis sind sich ihrer Fähigkeit, die Preise auf dem Welt-Ölmarkt zu bestimmen, sehr, sehr genau bewusst."

Doch auch für die USA könnte der sinkende Ölpreis über kurz oder lang zum Problem werden. Denn die Schieferölproduktion ist kostspielig. Das "schwarze Gold" muss mit hohem technischem Aufwand aus Schiefergestein gelöst werden. Mehrere US-Produzenten haben signalisiert, dass sie profitabel bleiben können, wenn sich die Preise über 70 Dollar behaupten. Die Internationale Energiebehörde IEA rechnet damit, dass die Investitionen in die US-Schieferölproduktion im nächsten Jahr um rund zehn Prozent sinken. Einige Experten vermuten daher, dass Saudi-Arabien mit seiner Ölpolitik auch die wachsende Konkurrenz in den USA unter Druck setzen will. Denn der wichtigste OPEC-Staat kann Insidern zufolge bis zu ein Jahr lang Preise von 70 bis 80 Dollar verkraften.