Die Oligarchen haben jetzt sogar angedroht, BP zu verklagen - auf die Summe von zehn Milliarden US-Dollar (6,91 Milliarden Euro) Schadensersatz, wie die "Financial Times" erfahren hat. Damit steht eine Summe im Raum. Für BP-Chef Bob Dudley ist es ein Tanz auf der Rasierklinge - obwohl BP schon mit den Oligarchen auf dem russischen Festland nach Öl gebohrt hat.

Sein Konzern ist massiv unter Druck. Wollen die Briten mit ihrem amerikanischen Vorstandschef an der Spitze den für das Polar-Vorhaben geplanten Aktientausch mit Rosneft durchboxen, dann muss das vor der Aktionärsversammlung an diesem Donnerstag geschehen. Am Mittwoch will Dudley noch einmal die erzürnten Partner des Investorenkonsortiums AAR zu einer Telefonkonferenz zusammentrommeln - ein letzter gütlicher Versuch.

"Das ist ein kaufmännisches Problem, das werden wir kaufmännisch lösen", hatte Dudley am 1. Februar gesagt. Der Amerikaner, einst selbst Chef des Russland-Abenteuers TNK-BP, hätte es besser wissen können, meinen Analysten. Die milliardenschweren Oligarchen pochen auf eine Gesellschafter-Vereinbarung. Darin steht - zumindest nach ihrer Lesart - geschrieben, dass BP seine Partner erst fragen muss, wenn die Briten mit einem anderen russischen Partner Ölexploration betreiben wollen.

Die Oligarchen Michail Fridman, Viktor Wekselberg, German Khan und Leonard Blavatnik wissen, dass sie BP in eine Zwickmühle manövriert haben. Und das Entrinnen kann für den angeschlagenen Traditionskonzern extrem teuer werden. Der auf höchster politischer Ebene eingefädelte Russland-Deal sollte den Anfang von der Flucht nach vorn markieren, nachdem die Katastrophe auf der Plattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko das BP-Ergebnis für 2010 erstmals nach Jahrzehnten ins Minus rutschen ließ - mit fast fünf Milliarden US-Dollar.

Im Polarmeer geht es um gigantische Summen. BP und Rosneft wollen gemeinsam in einem Areal nach Öl bohren, in dem Unmengen von Rohstoffen vermutet werden. Das Gebiet in der südlichen Karasee umfasst 125.000 Quadratkilometer. Dort vermuten Experten fünf Milliarden Tonnen Öl und 10 Billionen Kubikmeter Erdgas - Milliardenwerte. Rosneft hatte im vergangenen Jahr das Rennen um die Ausbeutungsrechte gemacht.

Wie viel Verhandlungsspielraum Dudley im Poker mit den Oligarchen auch vor dem Hintergrund des aktuell hohen Ölpreises bleibt, lässt sich nicht einmal erahnen. Bei den nach dem US-Desaster ohnehin gehörig verunsicherten BP-Investoren regt sich Missmut. Eine Gruppe institutioneller Anleger will Widerstand organisieren und dem Vorstand bei der Hauptversammlung an diesem Donnerstag die Entlastung verweigern.

Auch in Russland rumpelt es. Vizepremier Igor Setschin, der den BP-Rosneft-Deal maßgeblich mitverhandelt hat, musste den Aufsichtsrat des Staatskonzerns auf Geheiß von Präsident Dmitri Medwedew verlassen.