Die Pummerin läutet. Nicht vom Stephansdom, sie klingelt aus dem Blackberry von Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad. Sein Schreibtisch, unter dem Geweih eines ungeraden 18-Enders, völlig blank.

Beneidenswert, kein Computer! Regieren Sie Raiffeisen und Österreich nur per Telefon?

CHRISTIAN KONRAD: Ich kam mit dem Computer nicht zurecht. Ich kann delegieren, habe 1000 Leute im Haus. Meine E-Mails lasse ich mit Ja oder Nein beantworten.

Wie viel Geld haben Sie eingesteckt?

KONRAD: Heute sensationellerweise 1700 Euro, weil ich meinen rumänischen Patenkindern 1500 Euro mitgebe. Sonst zwischen 50 und 100 Euro.

Gerhard Roth sagt, Geld ist radioaktiv geworden, reiner Selbstzweck, mit dem man Existenzen auslöschen oder kreieren kann.

KONRAD: Unsinn. Geld ist Mittel zum Zweck, der kann gut oder schlecht sein. Es liegt an den Menschen, damit umzugehen.

Portugal schlüpft unter den EU-Rettungsschirm. Müssen wir um den Wert des Euro bangen?

KONRAD: Nein. Der Euro ist stabil, gegenüber dem Dollar sogar auf den höchsten Stand seit Jänner 2010 gestiegen. Der Rettungsschirm ist breit genug und Portugal ist - gemessen an der Wirtschaftskraft - klein.

Sie sind ein Machtmensch. Wer kann Sie abberufen?

KONRAD: Ich habe Freude daran, dass ich demokratisch legitimierte Vollmachten habe und sie nutze. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man etwas bewegen kann. Der Generalanwalt ist Obmann eines Vereins, der ist blitzartig abgewählt. Sieht derzeit nicht so aus.

Wo sind Grenzen Ihrer Macht?

KONRAD: Täglich in der Familie. In unserer dezentralen, föderalistischen Raiffeisen-Organisation hört die Macht auf, wo die Freiheit des anderen anfängt.

Es gibt Politikbereiche, wo ohne Ihr Machtwort nichts geht.

KONRAD: Ach so? Wo ist das?

Selbst das Erwin-Pröll-Double fürs Kabarett suchen Sie aus.

KONRAD: Ein Gerücht. Im niederösterreichischen Theatersommer spricht ein Erwin Pröll-Double mit dem lieben Gott. Den wollte ich auf einen Kaffee einladen, mehr nicht.

Wie sollen Faymann und Josef Pröll ihre Macht nutzen?

KONRAD: Das wissen die schon, hab's ihnen mehrfach gesagt.

Vielleicht hilft es mehr, wenn's auch in der Zeitung steht?

KONRAD: Glaub' ich nicht. Die, die's betrifft, lesen es gar nicht.

Warum negiert die Regierung ihre Reformpflichtso sträflich?

KONRAD: Der Regierungschef glaubt, dass das Land gut funktioniert. Daran scheitert der Reformwille des Juniorpartners. Dabei: Das Pensionsalter 65 stammt von Bismarck! Für Reformen - von den Beamten bis zur Bildung - wäre die Mehrheit der Bürger bereit.

Das Vertrauen in Politiker sinkt, siehe Strasser und Co.

KONRAD: In der ÖVP gab es eine Häufung. Der Fall Strasser war vorhersehbar. Seine Kandidatur war problematisch. Da fehlte ein klares Wort am Anfang.

Für welches Wirtschaftsthema würden Sie in Brüssel einen Lobbyisten engagieren?

KONRAD: Wir haben in Brüssel ein Lobby-Unternehmen beschäftigt. Wir brauchen Lobbyisten, die das Bewusstsein für Organisationen wie Raiffeisen schärfen.

Für Ihre Vorbehalte gegen die EU-Eigenkapitalrichtlinie nach Basel III lobbyiert ja auch der EU-Abgeordnete Othmar Karas.

KONRAD: Na selbstverständlich! Das ist ja sein Geschäft. Das sind nationale Interessen. Wir wollen eine funktionierende Kreditwirtschaft. Die Eigenkapitalrichtlinien der Deutschen Bank sind bei uns auf Raiffeisen und Sparkassen nicht übertragbar.

Im Parlament hat Raiffeisen bei den Abgeordneten Klubstärke.

KONRAD: Ich bin ja keine Partei! Wir sind ein freies Land, da kann sich jeder politisch betätigen.

In der Politik ist nicht alles erlaubt, was gesetzlich möglich ist, mahnt Heinz Fischer. Sehen Sie das auch so für die Wirtschaft?

KONRAD: Klar, nicht alles, was nicht verboten ist, ist erlaubt.

Stört es Sie dann nicht, dass die Strabag, an der Sie beteiligt sind, in Kärnten Honorare an die FPK-Agentur Connect überweist?

KONRAD: Tut sie das?

News legte eine Rechnung vor.

KONRAD: Die Strabag ist im Wettbewerb. Wenn sie in Kärnten im Geschäft bleiben wollen, werden sie auch mit der Kärntner Politik irgendwie zurande kommen müssen. Parteispenden dafür wären aber nicht in Ordnung.

Würden Sie scheidenden Politikern Jobs bei Raiffeisen geben?

KONRAD: Ich bin ja nicht Stronach! Es ist aber eine Unkultur, dass ausscheidende Politiker wie ein Hund vom Hof gejagt werden.

Welche Aufgabe könnte Josef Pröll bei Raiffeisen erfüllen?

KONRAD: Er studierte Landwirtschaft und käme bei uns für viel infrage, aber er ist in der Politik.

Alpha-Tiere quält es, Funktionen abzugeben. Furcht davor?

KONRAD: Ich habe einen Fahrplan für meine mittlere Zukunft.

Vor einem Jahr haben Sie gesagt, in ein bis zwei Jahren ist es so weit. Also ab jetzt in null bis einem Jahr.

KONRAD: Das können Sie 17 Mal fragen. Ich bin von Freunden gebeten worden, dazu nie wieder etwas zu sagen, weil das nur Unruhe und Kopfweh auslöst.

Eine Frau als Ihre Nachfolgerin?

KONRAD: Das wäre lustig.

Was finden Sie daran lustig?

KONRAD: Soll es ein Maggie- Thatcher-Typ sein? Eher als ein Vamp. Aber ich sehe noch keine. Ich bin dabei, Frauen zu holen.

In Graz fiel ein Rektor-Kandidat durch, der beim Cartellverband (CV) ist. Werden CVler bei Raiffeisen positiv diskriminiert?

KONRAD: Nein. Der CV spielt bei Raiffeisen gar keine Rolle.

Da werden jetzt aber viele CVler ziemlich enttäuscht sein.

KONRAD: Wenn einer nur zum CV geht, damit er was wird, ist das der falsche Zugang. Weder Politik noch Religion spielen eine Rolle. Nur der Mensch zählt.

Also ein Moslem mit SPÖ-Parteibuch ist willkommen.

KONRAD: Es hat sich noch keiner beworben.

Aber Sie laden dazu ein?

KONRAD: Ich lade nicht ein, ich schließe nicht aus. Bei Raiffeisen International haben wir alles.

Aber im Inland ist die Welt heil.

KONRAD: Was ist heil?!

Das fragen wir Sie. Was sagen Sie zur Erosion der Kirche?

KONRAD: Die hängt stark mit der Organisation zusammen, weniger mit der Bereitschaft, zu glauben. Viele Ausgetretene sehen sich nach wie vor als Christen.

Sie machen Wallfahrten. Ist das schon Networking fürs Jenseits?

KONRAD: Also ich halte vom Networken gar nichts. Ich mag Menschen und rede mit vielen.

Ihre Lieblingsheilige Teresa von Avila sagt: Gott und ich sind immer die Mehrheit. Sie auch?

KONRAD: Ich bin ja kein Heiliger.

Bei vielen Banken gehen Boni und Zocken munter weiter.

KONRAD: Raiffeisen zockt nicht und das Ost-Risiko hatten wir im Griff. Wir brauchten die Bonität der Republik, zahlen dafür hohe Zinsen, sind aber für alles gerüstet. Wir haben stille Reserven. Unser Anteil an der RBI ist so hoch, dass wir zwei Kapitalerhöhungen machen können.

Was kostet Sie eine Ausgabe der Zeitung Österreich?

KONRAD: Wir sind nicht beteiligt. Über Kunden rede ich nicht.

In der Media-Print, die Ihnen zur Hälfte gehört, haben Sie eine verkrustete Lage beklagt.

KONRAD: Das Verhältnis der Krone-Eigentümer ist seit dem Tod Hans Dichands nicht einfacher. So haben wir einen Nachteil Ihnen gegenüber.