Eines ist sicher: Es lag nicht am Koch von Ratspräsident Herman Van Rompuy, dass das dreigängige Menü, das die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel zum Lunch kredenzt bekamen, einigen in der elitären Gipfelrunde ziemlich im Magen gelegen sein dürfte.

Die schwere Kost wurde ihnen erst nach dem Dessert aufgetischt, und zwar von niemand Geringerem als der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.

Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy stellte sie ihren Masterplan zur Euro-Rettung vor. Sollte Merkel bekommen, was sie will, wird Europa nicht nur ein gutes Stück deutscher werden. Ihr "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit", dem auch Nicht-Euroländer beitreten können, würde die Währungsunion von Grund auf ändern.

Denn diesmal geht es nicht um eine hastige Rettungsaktion, es geht darum, den Euro dauerhaft krisensicher zu machen. "Wir wollen politisch enger zusammenwachsen", sagte Merkel.

Ziel ist eine "Euro-Wirtschaftsunion". Nur sie kann verhindern, dass starke und schwache Länder weiter auseinanderdriften und die Währungsunion eines Tages sprengen.

Erreicht werden soll die "Wirtschaftsunion" über eine Harmonisierung von Sozialsystemen, Unternehmensteuern, Lohnstückkosten, eine Erhöhung des Pensionsalters und über eine neue Stabilitätskultur, die in Schuldenbremsen für alle Euro-Länder Niederschlag finden soll.

Große Verärgerung

Doch es formiert sich Widerstand. Vor allem kleinere Länder irritiert es, wie rücksichtslos die deutsch-französische Achse über sie drüberradiert. "Ein Eingreifen in Lohnverhandlungen ist falsch", sagte Bundeskanzler Werner Faymann. Er gab auch einer einheitlichen Pensionspolitik eine Abfuhr. Eine einheitliche Regelung sei nicht möglich "Da gibt es viele Unterschiede und unterschiedliche Voraussetzungen in einzelnen Ländern." Auch Belgiens Premier Yves Leterme sagte: "Ich bin absolut dagegen!" Jerzy Buzek, der Präsident des Europaparlaments, warnte, die EU-Institutionen zu umgehen.

Wer zahlt, schafft an

Aber Merkel und Sarkozy geben sich unbeirrt. Ein Sondergipfel der Euro-Länder soll rasch die Weichen für den Wettbewerbspakt stellen. Merkel hat ein mächtiges Druckmittel. Ihr Pakt ist der Preis, den sie für die Stärkung des Euro-Rettungsschirmes verlangt, um den ein heftiger Streit ausbrach. Viele fürchten, dass es eng werden könnte unter dem Schirm, sollten auch Portugal und Spanien Hilfe brauchen. Denn die für den Schirm vereinbarte Ausleihkapazität von 440 Milliarden Euro existiert nur auf dem Papier. Für eine Ausweitung gäbe es mehrere Varianten. Eine davon wäre, dass die Staaten mit höchster Bonität ihre Kreditsummen erhöhen. Das hieße, dass auch auf Österreich noch höhere Haftungen zukommen würden.