Österreichs Wirtschaft ist im 3. Quartal doch nicht wie erwartet abgestürzt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag real um 0,1 Prozent über dem Vorquartal, gab das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Montag bekannt; ursprünglich war von 0,1 Prozent Rückgang ausgegangen worden. Im Jahresabstand lag das BIP im Zeitraum Juli bis September real sogar um 0,7 Prozent höher, die erste Berechnung Mitte November hatte auf eine Stagnation (+/- Null) hingedeutet.

In den kommenden Monaten werde sich die Wirtschaft zwar weiterhin gedämpft entwickeln, das allgemeine Indikatorenbild habe sich zuletzt aber nicht weiter verschlechtert, erklärte das Wifo weiter. Der private Konsum entwickelte sich demzufolge im 3. Quartal anhaltend schwach, und die Investitionen waren rückläufig. Die Exporte wurden laut Wifo zwar gesteigert, der Wertschöpfungsgewinn aber durch die Ausweitung der Importe teilweise kompensiert.

Im 2. Quartal d.J. ist das heimische BIP im Quartals- und Jahresabstand um 0,1 Prozent gewachsen, bestätigte das Wifo am Montag außerdem. Für das 1. Quartal 2012 bleibt es im Quartalsabstand bei 0,3 Prozent Zuwachs, der Anstieg im Jahresabstand wurde aber geringfügig von 1,8 auf 1,7 Prozent nach unten revidiert.

Prognose hält

Nach dem besser als ursprünglich erwartet verlaufenen 3. Quartal könnte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) seine Wachstumsprognose für das Gesamtjahr 2012 doch unverändert lassen und nicht, wie Mitte November befürchtet, um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte kürzen müssen.

"Ohne der Prognose Ende kommender Woche vorgreifen zu wollen: Wir werden höchstwahrscheinlich bei den 0,6 Prozent bleiben, denn für das Gesamtjahr ist das Wachstum im noch ausstehenden 4. Quartal relativ wenig ausschlaggebend", sagte Wifo-Experte Stefan Schiman am Montag im Gespräch mit der APA. Falls man überhaupt nach unten revidieren müsse, dann in einem sehr geringen Ausmaß von vielleicht 0,1 Prozentpunkt.

Auch die letzte Wifo-Prognose für kommendes Jahr von Ende September könnte halten: Für 2013 werde sein Institut "wahrscheinlich im Bereich von einem Prozent bleiben", so Schiman. Damit sei man nicht so pessimistisch wie die Oesterreichische Nationalbank. Die neue OeNB-Vorschau von vergangenem Freitag prognostizierte für heuer 0,4 Prozent BIP-Plus und für 2013 auch nur 0,5 Prozent reales Wachstum.

"Gerettet" haben das österreichische BIP im abgelaufenen 3. Quartal die Einfuhren und der Bausektor. Die Netto-Importe seien letztlich positiv statt negativ gewesen, und der Bau habe sich überraschend stabil entwickelt, so der Wifo-Experte. Im Geld- und Kredit-Sektor habe es weniger Rückgang gegeben als zunächst erwartet.

In den kommenden Monaten werde die Wirtschaft weiter getrübt sein, "das ist absehbar - ohne unserer Dezember-Prognose vorzugreifen", betonte der Wifo-Fachmann. Allerdings zeigten die Frühindikatoren mittlerweile nicht mehr so stark abwärts, einige seien sogar stabil geblieben. Dass der Tiefpunkt damit erreicht sein könnte, lasse sich daraus aber noch nicht ableiten. OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny hatte am Freitag bezüglich der Eurozone gemeint, hier werde der Tiefpunkt vermutlich im jetzigen 4. Quartal erreicht sein, und er "hoffe, dass wir das diesmal nicht nach hinten verschieben müssen".

Zum Euro-Raum verwies das Wifo am Montag in seinem schriftlichen Statement darauf, dass das BIP dort auch im 3. Quartal zurückgegangen ist: Die Wirtschaftsleistung sank im Zeitraum Juli bis September laut EU-Statistikbehörde Eurostat gegenüber dem Vorquartal um 0,1 Prozent, nachdem das BIP im 2. Quartal sogar um 0,2 Prozent geschrumpft war. Im Jahresabstand lag das BIP der Eurozone im 3. Quartal um 0,6 Prozent tiefer.

"Die Wirtschaftsleistung der Krisenländer Spanien, Portugal, Italien und Zypern schrumpfte anhaltend", so das Wifo, und "in Deutschland verlor das Wachstum an Kraft." Außerhalb des Euro-Raumes erzielten in der EU lediglich die baltischen Länder starke Zuwächse - und in Großbritannien brachten die Olympischen Spiele im 3. Quartal positive Einmaleffekte.

Die zu Jahresbeginn beobachtete Zunahme der österreichischen Exporte in lateinamerikanische und asiatische Schwellenländer kam laut Wifo in den vergangenen Monaten zum Erliegen. Die Exporte nach Deutschland blieben von Jänner bis August gegenüber dem Vorjahr stabil, jene nach Italien waren deutlich rückläufig; die Lieferungen in die Schweiz nahmen hingegen weiter zu.

Der neue Wifo-Frühindikator zeigte im November nach sechs Monaten des Rückganges erstmals aufwärts, vom Konjunkturtest kämen ungünstigere Signale. "In naher Zukunft wird die Konjunktur daher gedämpft bleiben", lautet die Schlussfolgerung des Wirtschaftsforschungsinstituts. Am Donnerstag kommender Woche legen Wifo und IHS ihre nächsten vierteljährlichen Konjunkturprognosen vor. Die Wifo-Schnellschätzung für das BIP im 4. Quartal soll am 14. Feber veröffentlicht werden.