Richter Christian Böhm ist mit seinem Versuch, Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner im laufenden zweiten Bawag-Strafverfahren zumindest als Zeugen zu vernehmen, vorerst abgeblitzt. Elsner ist ja bisher trotz zahlreicher Ladungen nicht beim Prozess im Wiener Landesgericht erschienen. Er hält sich derzeit im bayrischen Kurort Bad Reichenhall auf, wo die österreichische Justiz nur im Wege der Rechtshilfe zwischen Staaten gewisse Möglichkeiten hat.

Zeugeneinvernahme abgesagt

Das deutsche Amtsgericht Laufen, Geschäftsstelle Bad Reichenhall, hat nun eine für Freitag angesetzte Zeugeneinvernahme Elsners in Deutschland wieder abgesagt, weil Elsner aufgrund eines medizinischen Gutachtens verhandlungsunfähig sei. Elsner hatte dem Amtsgericht eine Bestätigung seines behandelnden Arztes, Professor Manfred Deutsch vorgelegt, das Gericht hatte dies anerkannt. "Der Termin zur Einvernahme des Zeugen Elsner vom 7.9.2012 wird wegen derzeit nicht zu widerlegender Verhandlungsunfähigkeit (Bestätigung Prof.Dr. Deutsch vom 6.9.2012) aufgehoben", heißt es in der Verfügung, die der Austria Presse Agentur vorliegt.

Der Herzchirurg Manfred Deutsch hatte in seinem Privatgutachten schon für die österreichische Justiz festgehalten, dass der herzkranke Elsner verhandlungsunfähig sei. Der 77-jährige Patient habe mehrere schwere Erkrankungen und nehme zahlreiche Medikamente, alleine durch die Nebenwirkungen wie Müdigkeit und mangelnde Konzentrationsfähigkeit sei seine Verhandlungsfähigkeit nicht gegeben, argumentierte Deutsch damals gegenüber der Austria Presse Agentur. "Er ist ein Kandidat für einen Herzinfarkt".

Elsners Anwalt Jürgen Stephan Mertens zeigt sich mit der nun getroffenen Entscheidung des deutschen Gerichts zufrieden: "Dem deutschen Gericht ist es anscheinend möglich, den Krankheitszustand von Elsner zu erkennen". Er bedauere, dass dies anscheinend dem Wiener Landesgericht nicht möglich sei.

Doppelstellung als Zeuge und Angeklagter

Mertens führt neben den gesundheitlichen Gründen noch ein zweites Argument ins Treffen, warum Elsner in Deutschland nicht als Zeuge vernommen werden könne, wie es sich die österreichische Justiz wünsche: Elsner habe im BAWAG-Verfahren eine Doppelstellung als Zeuge und als Mitangeklagter - was im deutschen Recht nicht möglich wäre. Als Zeuge solle jemand aussagen, als Angeklagter hingegen dürfe er nicht dazu gezwungen werden sich selbst zu belasten. Auch das habe er vor dem deutschen Gericht schon vorgebracht, darüber sei aber bisher noch nicht entschieden worden.

Ob Elsner überhaupt je zum zweiten Bawag-Prozess kommt, bleibt also damit offen. Elsner ist ja schon im ersten Prozess rechtskräftig wegen Untreue zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt, wovon er viereinhalb Jahre abgesessen hat, bis er im Sommer 2011 aus gesundheitlichen Gründen für haftunfähig erklärt worden war und entlassen wurde. Im zweiten BAWAG-Strafprozess ist Elsner nur wegen einer Subsidiaranklage der Bawag mitangeklagt - die Staatsanwaltschaft hatte auf eine neuerliche Anklage verzichtet. Im Hauptverfahren soll er als Zeuge befragt werden.